Tasmanien - wir entkommen der Versuchung zu bleiben

06.01. bis 23.02. 2015

 

Nach fast 3 Wochen bei Paul und Kerry haben wir endlich unseren Blog ein gutes Stück aktualisiert, unser Motorrad auf Vordermann gebracht, unseren Papierkram weitestgehend erledigt und nun ist es soweit, dass wir uns auf den Weg machen, um ein wenig mehr von dieser Insel zu erkunden – und zwar auf eigene Faust und obwohl mein Rücken sich gefreut hat, endlich mal in einem Bett liegen zu können, freuen wir uns doch darauf, wieder in der Natur und in unserem Zelt übernachten zu können.

Mit unseren ortskundigen Gastgebern haben wir Landkarten gewälzt und eine grobe Vorstellung von der geplanten Route – aber wir sind natürlich trotzdem immer offen für spontane Erkundungen…

Wir fahren als erstes in die Nationalparks am Gordon River – es gibt hier viele Stauseen und außerdem locken die Campingplätze, die in den Nationalparks entweder frei oder zumindest sehr billig sind.

Da wir erst nach Mittag losgefahren sind schaffen wir gerade Mal 150 km, aber wir sind ja nicht auf einer Wettfahrt und der Campingplatz am Scotts Peak Dam hat alles, was wir brauchen: ein Plumpsklo und einen Wasserhahn. Wir bauen unser Zelt auf und was haben wir als Nachbarn? Drei junge Deutsche, die sich per Inserat zusammengefunden haben und nun die Kosten für den Abstecher nach Tasmanien teilen. Natürlich hocken wir uns abends beim Lagerfeuer zusammen und wir unterhalten uns gegenseitig mit Geschichten von Unterwegs und dabei wird es so langsam dunkel und die nachtaktiven Tiere kommen so langsam aus ihren Verstecken. Da sind jede Menge Wallabys, die sich darüber freuen, dass ich eine Gemüsesuppe gekocht habe und sie nun Reste von Möhren und Kohl finden und es stört die kleinen Hopser kein bisschen, das wir hier sitzen und dann kommt plötzlich ein Tier zum Vorschein, dass wir alle noch nicht gesehen haben. Es sieht aus, wie eine Kreuzung zwischen Katze und Maus mit leuchtend weisen Punkten – Herr Google kennt das Tier unter dem Namen Tigerkatze oder Qual.

Der Rest meiner Gemüsesuppe scheint einen unwiderstehlichen Duft  zu verströmen und nun können wir das niedliche Viech beobachten, wie es versucht sich unauffällig, blitzschnell und im Zickzack anzuschleichen und nach einigen Minuten sitzt es mitten im Topf und schmatzt vor sich hin.

Am nächsten Morgen verabschieden sich die 3 jungen Leute – sie haben nicht mehr viel Zeit übrig und wir fahren zum nächsten Damm am Lake Pedder. Hier wurde mit einer Staumauer der ursprüngliche See um ein vielfaches vergrößert und ein Wasserkraftwerk gebaut. Auch hier gibt es einen Campingplatz – Ted’s Beach. Natürlich hat der Name eine Geschichte: Ted war einer der leitenden Ingenieure beim Bau des Dammes und obwohl ursprünglich das Ufer des Sees weit entfernt von diesem Platz war, war besagter Ted davon überzeugt, dass der See eines Tages bis hierher gehen würde und dass sich dort aufgrund der Strömungen ein Sandstrand bilden würde. Von allen belächelt sorgte er dafür, dass dieser Campingplatz gebaut wurde …. Und behielt in allen Punkten recht! Hier gibt es sogar eine Küche und Strom also beschließen wir, hier unser Lager aufzuschlagen und die Gelegenheit zu nutzen, unseren Computer aufzuladen. Während ich faul in der Sonne sitze versucht Kev, ein paar Fische zu fangen, viel Glück hat er dabei allerdings nicht – wie gut, dass wir genügend Vorräte dabei haben und nun nicht hungern müssen – wieder haben wir nette Nachbarn gefunden, ein älteres Paar aus Launceston, mit dem wir uns bestens unterhalten.

Am nächsten Morgen zieht sich der Himmel zu und es fängt an zu stürmen und regnen. Leider haben wir nicht aufgepasst als wir unser Zelt aufgebaut haben und nun steht der Eingang im Wind, der dann auch den Regen hineinbläst. Schon nach kurzer Zeit haben wir Pfützen im Zelt und alles ist feucht. Bei dem  Wetter haben wir auch keine Lust, weiterzufahren – zum einen ist es gemein kalt, alles feucht und die Aussicht, das es heute noch besser wird liegt bei Null. Wir beschließen zu bleiben, denn es gibt hier wenigstens eine überdachte Hütte, wo wir im Trockenen sitzen können und auch halbwegs saubere Toiletten.

Ein kleiner Schreck kommt in Form eines Rangers, der hier nach dem Rechten schaut, denn wir haben uns natürlich um die Bezahlung gedrückt – es gibt Umschläge für die Ehrlichen, in die man die Bezahlung für die Nacht stecken soll und das Ganze dann in einen dafür aufgestellten Briefkasten steckt … nun ja, wir haben die 60 Dollar für den Parkpass bezahlt und sind der Ansicht, das langt….

Der Ranger scheint auch eher an einem Plausch interessiert zu sein, als an den Gebühren für den Campingplatz und wir haben eine recht interessante Unterhaltung mit ihm. Unter anderem  erfahren wir, dass das Ozonloch über der Antarktis, dass uns hier solche Schwierigkeiten bereitet, eine natürliche Ursache hat – einen aktiven Vulkan, der irgendwo am Südpol irgendwelche Gase ausstößt, die das Ozonloch verursachen und nicht von Menschen in die Atmosphäre geschickten  FCKWs…

Ebenfalls interessant ist unsere Unterhaltung zum Thema Buschfeuer. Ich habe mich recht oft gewundert, warum es in Tasmanien ein solches Problem ist, denn es regnet häufig und ein Monat ohne Regen kommt so gut wie nie vor. Wir erfahren, dass der Boden hier kaum Wasser hält und das Meiste einfach abfließt wenn es regnet, die Natur in diesen Breiten hat sich in eine Richtung entwickelt, die auf Buschfeuer ausgelegt ist – die meisten einheimischen Pflanzen haben aus der Not eine Tugend gemacht und nutzen die Feuer, um sich zu vermehren. Dies hat natürlich zur Folge, das diese Pflanzen alles tun, um Buschfeuer zu unterstützen (klingt merkwürdig, ist aber so). Es gibt zwischen 600 und 700 unterschiedliche Eukalyptusarten (die Gelehrten zanken sich hier ein wenig) und sie bilden den größten Teil der australischen Vegetation und zwar in allen Regionen und Größen – als Busch und ebenso als riesiger Baum (Eukalyptus regnans sind nach den kalifornischen Redwoods die höchsten Bäume der Welt). Alle Gum trees (so werden Eukalyptusbäume hier gemeinhin genannt) haben etwas gemeinsam – sie pumpen sich voll mit leicht entflammbaren Öl, das sie an heißen Tagen auch in kleinen Tropfen abgeben, so dass man es zum Teil sogar als blauen Dunst sehen kann (der blaue Dunst der unter anderem den Blue Mountains ihren Namen gab) – sie riechen übrigens meist extrem gut. Sowohl die Blätter, als auch die Barke sind voller Öl und die Barke wird immer wieder erneuert, wobei die alten Rindenteile in langen Fäden vom Baum hängen, oder den Boden rund um die Bäume bedecken. Diese Strategie unterstützt nicht nur Buschfeuer sondern verursacht sie oft – der kleinste Funke genügt, und schon stehen die Bäume in Flammen – manche sind so voller Öl, dass sie regelrecht explodieren, die losen Rinden werden brennend vom Wind weitergetragen und sorgen für eine schnelle Ausbreitung des Feuers – und alles für die Arterhaltung, denn Gum trees ebenso wie einige andere einheimische Bäume und Pflanzen brauchen das Feuer, um ihre Samenkapseln zu öffnen und sich so zu vermehren, wobei die Asche der Buschfeuer dann auch gleich als Dünger wieder in den Boden gewaschen wird.

Was für die Pflanzenwelt eine Überlebensstrategie ist, ist für die Menschen in diesem Teil der Welt eine ständige Gefahr und die Buschfeuer sind manchmal so gewaltig und verbreiten sich rasend schnell, dass von den ersten Anzeichen von Rauch bis zu Haus steht in Flammen gerade mal Zeit ist, um sich schnell in Sicherheit, also weit weg zu bringen – dabei entwickelt sich eine Hitze, die Metall zum Schmelzen bringt – Straßenschilder hängen als geschmolzene Skulptur an ihrem Pfosten und von den Häusern sind am Ende oft nur die gemauerten Kamine übrig – kein Wunder also, dass in den meisten Teilen des Landes strikte Regeln für Feuer herrschen und auf den meisten Picnicplätzen elektrische Grills zur freien Nutzung aufgestellt sind.

Eine weitere höchst interessante Information zu diesem Thema ist die Tatsache, dass über 90 % aller Buschfeuer von Brandstiftern verursacht werden, teils unbeabsichtigt durch weggeworfene Zigaretten, oder durch Lagerfeuer, die durch Wind außer Kontrolle geraden, aber auch oft genug durch absichtlich gelegte Feuer …. Was für kranke Gehirne!

Nach diesem höchst interessanten Austausch verschwindet der Ranger auch bald wieder und wir beschließen eine kurze Pause im Dauerregen zu nutzen, um unser Zelt kurzerhand in der Hütte aufzustellen – hier kann es nun mitsamt dem Inhalt so langsam wieder trocknen und wir haben einen halbwegs gemütlichen Schlafplatz.

Es stürmt und schüttet noch die ganze Nacht, aber am nächsten Morgen haben wir wieder blauen Himmel und Sonnenschein, was wir gleich ausnutzen und schnell alles packen, um weiterzufahren.

Wir schaffen es allerdings nicht viel weiter, als die hundert Kilometer aus dem Tal heraus, da lockt uns ein weiterer Nationalpark zum Anhalten.

Wir treffen hier auch wieder auf das nette ältere Paar und ebenso auf den Ranger, der uns gleich freundlich grüßt – mit dem Hinweis, das sein Kollege hier nach dem Rechten schaut und wir besser die Campinggebühren bezahlen – tun wir dann auch gleich – zumindest für eine Nacht….

Es gibt hier viel zu sehen und so wandern wir dann auch den ganzen Tag. Zuerst zu zwei Wasserfällen, dann durch den Regenwald mit baumhohen Farnen und riesigen White Gums (Eukalyptus regnans), die über 90 Meter hoch in die Lüfte ragen und so alt sind, das sie wahrscheinlich schon da waren, als Abel Tasman diese Insel zum ersten Mal entdeckte, dann geht es noch zu einem weiteren Wasserfall und zum Abschluss des langen Rundwanderweges noch hunderte von Treppen hoch bis wir endlich wieder am Campingplatz ankommen. Mit letzten Reserven schleppen wir uns dann noch einmal ein kurzes Stück den Rundweg hoch bis zu einer kleinen Brücke, wo man wenn man Glück hat ein Schnabeltier sehen kann. Hier harren wir nun eine lange Zeit mit gezückter Kamera und wollen schon aufgeben, als wir dann tatsächlich das witzige Tier zu Gesicht bekommen. Schnabeltiere sind normalerweise sehr scheue Gesellen und angeblich sehr selten zu sehen und noch schwerer zu fotografieren. Dieses hier allerdings scheint an klickende Kameras gewöhnt zu sein und lässt sich auch nicht aus der Fassung bringen, als sich noch ein Trupp Chinesen mit ihren Fotoapparaten zu uns gesellt und wir alle jedes Auftauchen knipsen. Wenn auch die meisten Bilder am Ende nicht mehr zeigen, als eine aufgewühlte Wasserfläche, ein paar brauchbare Schnappschüsse bekomme ich am Ende doch und darüber freue ich mich so sehr, dass mein schmerzender Rücken und die lahmen Beine vergessen sind. Platypusse und Echidnas bilden eine eigene Sparte in der Tierwelt – die sogenannten Kloakentiere. Sie legen Eier und säugen die geschlüpften Jungen anschließend (die an Land lebenden Echidnas in einem Beutel)  – sie bilden sozusagen eine sehr alte Sparte in der Evolution, in der Mutter Natur mit verschiedenen Variationen der neuen Idee spielte, die Säugetier hieß – wie genau die Verwandtschaften und Entwicklungen tatsächlich waren wird wohl nie mit Sicherheit geklärt werden können, sicher ist nur, das sie einzigartig und nur im australasiatischen Raum zu finden sind. Das Schnabeltier sieht witzig aus – wie eine Kreuzung zwischen Otter und Ente (da haben wir es – deswegen Eier und Milch!)

Wir feiern mit einem Becher billigem Rotwein (Bier können wir uns hier nur mal eins zu hohen Fest- und Feiertagen leisten, aber Rotwein im 4 Literbeutel ist billig und braucht auch keinen Kühlschrank) und zeigen unseren Campingnachbarn stolz die Photoausbeute der Schnabeltierjagt.

Eine besondere Freude und Überraschung des Tages ist die Ankunft von Tom und Abby. Wir hatten den Beiden eine E-Mail geschickt und erwähnt, dass wir evtl am Wochenende hier zu finden sein könnten und sie haben beschlossen, auf gut Glück zu sehen, ob wir noch da sind. Wie schön und so verfliegt der Abend mit feiern und Anekdoten aus der Mongolei.

Die beiden verbringen auch den nächsten Tag mit uns und gemeinsam schauen wir uns in der näheren Umgebung um, bevor unsere Freunde abends wieder nach Hause fahren und wir noch eine letzte Nacht auf diesem netten Campingplatz verbringen.

Nun fahren wir allerdings weiter, auch wenn es uns hier noch so gut hier gefällt, aber wir müssen diese Periode des guten Wetters nutzen, um an die Westküste zu kommen – die Schlechtwetterseite Tasmaniens kann nämlich recht ungemütlich werden. Wir halten uns denn auch unterwegs nirgendwo so sehr lange auf, werfen nur einen kurzen Blick auf Cradle Mountain und Lake St. Clare – es ist schön hier, aber für die nötigen langen Wanderungen die es braucht, um  diese Gegend wirklich würdigen zu können fehlt uns die Puste und da Hochsaison ist auch das nötige Kleingeld – die wollen 50 Dollar die Nacht für einen Zeltplatz!

Da suchen wir uns lieber Etwas an der Küste und quetschen uns zwischen die vielen einheimischen Familien auf einen Campingplatz, der nur 5 Dollar die Nacht kostet.

Als nächstes wollen wir auf einer Schotterstraße die Küste entlang bis nach Stanley aber hier ist nun Ende mit unserem Glück – es zieht sich zu und wir bekommen nur hin und wieder mal einen flüchtigen Blick auf normalerweise grandiose Aussichten. Der Regen ist dicht und schon bald sind wir so richtig durchnässt und außerdem  vor Kälte am Schlottern und so kommen wir dann irgendwann an einem kostenlosen Campingplatz an der Küste an, aber hier gibt es weder Wind noch Wetterschutz und keine Möglichkeit, irgendwo unterzukriechen. Wir beschließen in den sauren Apfel zu beißen und einen Ort zurückzufahren, wo wir zwar bezahlen müssen, es aber wenigstens ein paar Sträucher auf dem  Campingplatz als Windbremse gibt.

Unterwegs werden wir von einem Pick-up überholt und zum Anhalten gewunken – 2 Brüder sitzen in dem Fahrzeug und als sie uns so durch den Regen fahren sehen empfinden sie Mitleid mit uns und laden uns spontan ein, für eine Nacht in einem Buschcamp das einer der beiden Brüder betreut unterzukommen.

Das Buschcamp stellt sich als Holzhütte heraus, wo es zwar keinen Strom gibt, aber ein wärmendes Holzfeuer auf dem wir was kochen können und das sogar Wasser in einem Tank für eine Dusche wärmt. Wir verbringen 3 Tage hier, in denen Mik uns mit seinen etwas skurrilen Ansichten zu Gott und der Welt unterhält und uns zwischendurch mit seinem alten Toyota mit in den Busch oder an die Küste zum Angeln nimmt – dann bessert sich endlich das Wetter wieder soweit, dass wir uns auf den Weg machen können und so kommen wir dann endlich auch an der Nordküste an, wo wir ein paar schöne Tage lang alles Sehenswerte erwandern – den riesigen Felsen, der Nut heißt, den dicksten Baum Tasmaniens und einige weitere Wasserfälle, aber das Beste ist der Campingplatz in den Dünen hier – er besteht aus vielen kleinen Plätzen, die alle von Büschen umgeben sind und wo man sich so vorkommt, als ob man alleine wäre und wo wir auch jeden Abend von ein paar niedlichen Wallabys besucht werden, die sich über unsere Küchenabfälle hermachen und so gar keine Angst vor uns haben.

Auf unserem Weg an die Ostküste hatten wir uns ja eigentlich vorgenommen, bei dem netten Ehepaar aus Launceston vorbeizufahren, aber sie melden sich nicht auf unsere Mail und so nehmen wir an, dass sie selbst unterwegs sind und kurzentschlossen machen wir einen ungeplanten Schlenker Inland zu den Highlandlakes, denn Kevin muss ja schließlich endlich mal Angeln gehen, nachdem wir schon für einen Angelschein bezahlt haben.

Wir nutzen das herrliche Wetter und halten auf dem Weg immer wieder, denn es gibt Wasserfälle und Aussichten zu erkunden.

Tasmanien ist zwar nicht so wild und anders, wie wir es uns vorgestellt haben, aber es kann definitiv 4 Jahreszeiten an einem Tag präsentieren und von Regenwäldern über raue Küsten, Moorlandschaften, wirklich gastfreundliche Menschen und eine ganz eigene Fauna und Flora erinnert es mich doch immer wieder ein ganz klein wenig an den Westerwald. Auch hier verstecken die Menschen ihren weichen Kern hinter einer harten Schale, sind zäh und wetterfest und doch immer wieder unerwartet gastfreundlich und hilfsbereit – man muss die raue Schönheit einfach mögen.

So landen wir am Abend des 19 Januar am Ufer eines malerischen Sees auf dem Hochplateau – zu spät, um nach angeln zu gehen, bekommen aber dafür von einem der Angler eine riesige Forelle geschenkt – und somit ist das Frühstück gesichert und dann kann Kev ja vielleicht auch noch seine eigene Angel auswerfen ….

Es gibt jedenfalls einen sehenswerten Sonnenuntergang und einen wunderschönen Sternenhimmel. Wir werden von hin und herschlagen des Zeltes geweckt – wie das halt hier so ist – das Wetter hat urplötzlich umgeschlagen und nachdem wir in der Nacht noch den schönsten Sternenhimmel bewundern konnten müssen wir nun befürchten, das unser leicht angeschlagenes Zelt das nicht aushalten wird – die Stangen biegen sich bedenklich nach innen und knarren dabei. In Rekordzeit haben wir unser Zelt abgebaut – dabei kommt uns zugute, dass wir jeden Handgriff im Schlaf ausführen könnten und es schon fast automatisch abläuft, denn ansonsten würden wir wahrscheinlich wie Marry Poppins über den See geblasen.

An das geplante Frühstück ist allerdings nicht zu denken – es gibt kein einziges Plätzchen, wo man den Kocher anmachen könnte – also packen wir Alles aufs Moped und fahren los. An der nächsten Tankstelle halten wir, denn wir brauchen Sprit, aber wegen des außergewöhnlich hohen Preises nur 20 Liter – dafür gönnen wir uns einen Kaffee und einen Pie zum Frühstück.

Es ist aber auch gemein kalt hier – wir halten ein paar mal an verschiedenen Seeufern an, aber nie lange, denn wir frieren uns so ziemlich alles ab. Wir müssen allerdings Mal wieder über die Schilder lachen  - es geht hier nach Melton Mowbray – diese Stadt gibt es in England auch,  wir lebten ca 150 km nördlich davon und die Stadt ist in England für ihre Porkpies bekannt…. Immer wieder lesen wir hier in Tasmanien englische, irische oder schottische Ortsnamen – wahrscheinlich brauchten die damaligen Siedler ein Stück Heimatsgefühl. Besonders hier auf der Insel, denn die ersten Siedler waren überwiegend deportierte Strafgefangene, die ihre Heimat nicht aus freien Stücken verlassen haben.

Wir kurven höher hinauf und befinden uns nun in den Wolken, es nieselt und wird immer kälter, so dass wir am Ende schneller schlottern als wir frieren können – irgendwann geht es endlich wieder bergab und wir können einen hellen Streifen am Horizont sehen. Je tiefer wir gelangen, desto wärmer wird es dann zum Glück auch und auf unserem Weg in Richtung Ostküste kommt dann auch hier und da mal ein Stück blauer Himmel zum Vorschein.

Mit Hilfe unseres Navigationsprogrammes  lotse ich uns durch Launceston und nach kurzer Zeit weisen Straßenschilder uns zum Ben Lomond (ein Berg in Schottland) Nationalpark. 

Da der Richtungspfeil meines Navigationsprogrammes genau in die gleiche Richtung zeigt gehe ich davon aus, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden.

Kurz entschlossen biegen wir vom Weg ab und schauen uns den Park an. Der Campingplatz ist allerdings nichts Besonderes und da es noch relativ früh ist, beschließen wir, weiter zu fahren. Irgendwann kommen wir allerdings an eine Kreuzung und nachdem ich im Navi nachschaue, in welche Richtung wir fahren sollten stelle ich fest, dass sich das Programm aufgehängt hat und nun nicht mehr anzeigt wo wir sind sondern noch immer denkt, wir seien am Ortsausgang von Launceston …. Na klasse, wir haben uns komplett verfranzt und die kleinen Orte, die auf den Schildern auftauchen sind nirgendwo im Navi zu finden. Nach längerem Vergleichen und Suchen mit immer mehr heranzoomen tauchen dann aber doch die kleinen Schotterstraßen auf meinem Bildschirm auf und ich finde den Ort Mathinna und einen Weg, der in Richtung Ostküste führt – also halten wir uns nun an diese Richtung. Irgendwann geht dann auch noch das Motorrad aus – wir haben trockengefahren! Noch einmal konsultiere ich das Navigationsprogramm – es hat uns wiedergefunden und oh Glück, es sind nur noch ca. 2 km bis Mathinna. Also hilft jetzt nur noch schieben. Selbst bei den kleinsten Steigungen kommen wir völlig aus der Puste, denn das Gespann ist schwer! Hinzu kommt der angeknackste Stolz, aber dadurch, dass wir uns auf den kleinen Pisten derart verfahren haben, haben wir auch komplett die gefahrenen Kilometer aus den Augen verloren und an einer Tankstelle sind wir auch schon ewig nicht mehr vorbeigekommen.

Kurz vor der kleinen Stadt fährt ein Auto an uns vorbei und ich winke es zum Anhalten, damit wir fragen können, wo genau die nächste Tankstelle zu finden ist – wir wollen keinen Meter zu viel schieben und dann sind die jungen Männer tatsächlich so nett, uns bis zur Zapfsäule zu ziehen – das ist nun zwar nicht mehr so weit, aber jeder Meter, den wir nicht schieben müssen ist uns willkommen.

Mathinna ist an und für sich kaum der Reede wert – ein sehr kleiner Ort und die einzige Zapfsäule gehört zum Pub – na da gönnen wir uns aber nach der Schinderei ein kaltes Gezapftes und sorgen für das heutige Unterhaltungsprogramm der Ortsansässigen. Die sind dann auch noch so nett, uns den Weg zum nächsten kostenlosen Campingplatz zu beschreiben. Frischen Mutes fahren wir wieder los und schon nach ein paar Kilometern bleibt das Gespann wieder stehen – wie toll! Wir haben nicht den geringsten Schimmer, was denn nun los ist und weil uns nichts Besseres einfällt machen wir die Schwimmerkammern an den Vergasern ab und sauber – da war wirklich etwas Deck drinnen – ah, bestimmt weil wir trocken gefahren haben – das muss der Schmutz gewesen sein, der sich im Laufe der Zeit am Tankboden ansammelt …. Danach läuft sie dann zum Glück auch wieder… und nach etwas rumsuchen finden wir dann auch mitten im Wald den beschriebenen Ort, an dem wir unser Zelt aufbauen können. Es ist ein malerisches Plätzchen mit Elektrogrill, Plumpsklo und einem überdachten Schuppen mit Tischen und Bänken darin. Direkt neben der Wiese, auf der wir unser Zelt aufbauen fließt ein Bach entlang. Es ist zwar schade, dass wir hier nicht die einzigen Camper sind und unsere Nachbarn haben sogar eine Kettensäge dabei, mit der sie recht lautstark für Nachschub an Feuerholz sorgen, aber nichts auf der Welt ist perfekt…

Kev packt gleich sein Angelzeug aus nachdem wir unser Zelt aufgebaut haben und ich mache mich ans Abendbrot kochen - zum Glück haben wir genügend Vorräte und sind nicht auf den Fisch den er nicht fängt angewiesen – stattdessen gibt es leckeres Lammcurry mit Kichererbsen und Süßkartoffeln – man kann eben selbst mit einem Campingkocher recht gut leben.

Natürlich fängt es dann auch wieder an zu regnen und so sind wir schon nach kurzer Zeit im Schlafsack verschwunden – in der Hoffnung, dass es Morgen wieder besser ausschaut.

Tut es aber nicht. Wir werden zum monotonen Getropfe auf dem Zeltdach wach und beschließen, noch einen Tag hier zu bleiben, falls das nicht aufhört.

Kev schlägt vor, dass Motorrad unters Dach zu schieben und dann kann ich vielleicht den Computer laden und den Tag zum  Schreiben nutzen.

Gesagt, getan – ich hocke mich an die längst überfällige Schreibarbeit und Kev versucht trotz Mistwetter einen Fisch zu fangen, aber irgendwann geht die Ladelampe am Computer aus – meine Befürchtung, dass die Batterie am Motorrad leer sein könnte bestätigt sich leider und da mittlerweile alle anderen abgefahren sind stehen wir ziemlich blöd und ohne Hilfe da.

Wir beschließen das Nachlassen des Regens zu nutzen, bauen unser Zelt ab und packen alle Taschen und versuchen dann unser Moped anzuschieben. Es ist zwar nicht einfach, aber wir schaffen es und ich sitze mit aufgedrehtem Gashahn und gezogener Bremse auf dem Motorrad, während Kevin alles  auflädt und festzurrt und dann geht es wieder und weiter entlang der Schotterwege bis nach St Helens (auch dies übrigens ein Ort der ganz in der Nähe unseres Wohnortes in England war) an der Ostküste Tasmaniens. Während wir hier unsere Vorräte auffrischen fängt es natürlich wieder an zu regnen also machen wir uns auf die Suche nach einem Platz für die nächste Nacht, wo wir unser Zelt wieder aufbauen können.

Leider gilt für die Ostküste Tasmaniens das Gleiche wie für den Hauptkontinent – es ist der am meisten bevölkerte Teil der Insel und außerdem die Seite mit dem eher gemäßigten Wetter, weshalb es auch die meisten Urlauber anzieht…..

Es ist Mittwoch und am Montag ist auch noch Australiaday, also der Nationalfeiertag, an dem die offizielle Ankunft und Inbesitznahme des Kontinents durch die Briten mit 750 Häftlingen an Bord die zur Deportation und Zwangsarbeit in der neuen Kolonie bestimmt waren – nun ja, wie dem auch sei, das Nächste Wochenende  ist auf jeden Fall ein langes Feierwochenende und alle Campingplätze sind schon jetzt zum Platzen voll mit Australiern, ihren Familien und ihren umfangreichen Ausrüstungen, die für ein komfortables Wochenende „outdoors“ als notwendig erachtet werden … dazu gehören Boote, Angeln, Zelte die ein ganzes Dorf beherbergen können, Generatoren, Grills, Solarzellen für das Betreiben der Campingspülmaschine ….. es ist unglaublich! Und natürlich ist auch überall eine Gruppe die im missionarischen Eifer darum bemüht ist, alle anderen Personen auf dem Campingplatz musikalisch zu bilden… wir fahren gleich am nächsten Tag weiter die Ostküste hinunter und finden  einen weiteren kostenfreien Campingplatz in Freycinet Nationalpark mit wunderbaren Steilklippen rund um die Wineglass Bay – auch hier finden wir nur mit Geduld und Spucke ein kleines Fleckchen, wo wir unser Lager aufschlagen können.

Im Nachbarzelt nächtigt ein junges Paar, mit dem wir uns dann auch nett unterhalten und die von unserer Reise sehr angetan sind und uns dann von einem Platz auf der Tasman Halbinsel erzählen, wo sie die letzte Nacht verbracht und drei tasmanische Teufel beobachtet haben – da müssen wir natürlich auch hin, denn dieses Tier fehlt uns noch in der Sammlung – wir haben alle verschiedenen Arten von Wallabys gesehen, Echidnas und Platypusse, eine Tigerschlange, den niedlichen blauen Zaunkönig, Gelbschwanzkakadus, einen Gelbschwantz Honigfresser … und vieles mehr, aber den tasmanischen Teufel eben nicht und sie sind auch so langsam auf der Liste der gefährdeten Tierarten, denn sie leiden an einer scheinbar ansteckenden Krankheit, die Gesichtskrebs auslöst. Gesunde Tiere wurden auf einer Insel ausgesetzt und scheinen sich auch dort zu vermehren, ohne zu erkranken, aber hier, wo sie eigentlich hingehören werden sie immer seltener.

Ist es nötig, zu erwähnen, dass wir das gleiche Theater vorfinden, als an allen anderen Plätzen der Ostküste? Es klebt ein Zeltpalast am  nächsten und die einzigen Tiere, die sich nicht vertreiben haben lassen sind Möven – sie finden ein Schlaraffenland an Essensresten und lassen sich auch nicht von lärmenden Kindern stören.

Wir freuen uns nun, dass wir fast schon wieder in Hobart sind und neben der Aussicht auf eine Dusche und Bett benötigen wir mal wieder dringend Hilfe bei den neu aufgetretenen Problemen mit unserem Motorrad. Nachdem in Westaustralien der Rechte Zylinder undicht war hat hier nun die andere Seite damit angefangen, Öl zu verlieren. Wir sind uns zwar nicht hundertprozentig sicher, vermuten aber, dass es nun die andere Zylinderkopfdichtung ist und außerdem ist zu allem Überfluss heute Morgen auch noch unser neuer Kocher in die Brüche gegangen – die Pumpe für den Benzintank ist einfach auseinandergefallen…. Na endlich mal was anderes als immer nur langweilige Motorradprobleme. Bin mal gespannt, was Coleman dazu sagt, dass unsere Kaufquittung als Wasserschaden nach dem Gewittersturm auf der Nullarbor unleserlich ist….

 Wir freuen uns auf die Ruhe und den Frieden bei Kerry und Paul und außerdem, dass Paul noch da ist und uns beim Lösen der technischen Probleme unter die Arme greifen kann.

Landschaftlich sind wir hier in einer der schönsten Ecken der Insel, aber der Rummel wird uns dann doch ein wenig zu viel – die letzten Hundert Kilometer halten wir zwar noch an ein paar besonders netten Aussichtspunkten an, dann sind wir wieder in Hobart und damit in bekannten Gefilden.

 

Paul und Kev stürzen sich denn auch gleich am nächsten Tag auf unser Moped denn Paul hat nicht mehr viel Zeit zur Verfügung, bis er seinen Dienst auf der Aurora Australis antreten muss während ich versuche herauszufinden, was denn nun mit unserem Carnet wird, denn wir haben noch immer keine Benachrichtigung, ob es denn nun verlängert wird und außerdem versuche ich mein Bestes, um einen neuen Kocher zu bekommen, denn auch wenn wir unseren überdurchschnittlich oft benutzen, so dürfte er dennoch nicht schon nach 4 Monaten kaputt sein. Unser sehnlichst erwartetes Päckchen von zu Hause ist auch nicht angekommen, dafür aber eine Mail, das die Post es zurückgeschickt hat, weil die Computerbatterien eine Sprengladung sein könnten….

Bei den Reparaturen am Motorrad stellt sich heraus, dass 2 der langen Bolzen im Zylinder lose sind – deshalb die erneut schadhafte Kopfdichtung. Paul schafft es ca. 10 Minuten bevor er zum Schiff muss, die Bolzen mit sogenannten Heli Coils (eine Art Gewinde fürs Gewinde) wieder zu befestigen und den Rest kann Kev dann alleine hinbekommen.

Ich habe glücklicherweise Erfolg in Sachen Carnet und innerhalb eines Arbeitstages eine Bestätigungsmail bekommen, mit der wir nun zum Automobilclub in Hobart und zum Zoll fahren können um unser Carnet verlängern zu lassen. Was die Ersatzbatterien für den Computer anbelangt kann ich erreichen, dass wir sie zurückschicken können und finde statt dessen gebrauchte Batterien bei Ebay in Australien, die ich dann auch gleich bestelle und nach einigem hin und her mit Coleman haben wir endlich jemanden am Telefon, der uns erklärt, wie wir unseren Kocher reparieren können, denn ohne Kaufbeleg bekommen wir keinen neuen.

Zusammen mit Kerry fahren wir am nächsten Tag nach Hobart und mit etwas Geduld, besonders was den Stempel der Zollbehörde anbelangt (auch hier hat man noch nie etwas derartiges tun müssen) ist zu guter Letzt ein weiteres unserer ewigen Dramen zu einem Ende gekommen.

Für den nächsten Nachmittag steht eine Besichtigung des Eisbrechers Aurora Australis auf dem Plan. Paul ist leitender Ingenieur auf dem Schiff und wird in der Nacht mit ihr für die nächsten 3 Monate in Richtung Antarktis unterwegs sein.

Wir staunen nicht schlecht über Ausstattung und Größe der Aurora und von Brücke bis hinunter in die Tiefen des Maschinenraums  dürfen wir uns alles anschauen und sogar mit der Besatzung und den Forschern, die ebenfalls schon auf dem Schiff sind und nach Mawson – der australischen Forschungsstation – gebracht werden, zu Abend essen.

Ich würde mir den 6. Kontinent zwar liebend gerne anschauen, wenn denn da nicht die Überfahrt wäre….. und die Tatsache, dass ein Trip zur Antarktis für Touristen 20 000 Dollar kostet (zumindest von Hobart aus). Was für uns fast ein Jahresbudget ist, aber trotzdem sind alle angebotenen Plätze schon Jahre im voraus ausgebucht – nicht schlimm – für uns zählt halt dieser Besuch als ein Fuß am Südpol…..

Paul und das Schiff fahren nachts los, wir werden ihn also nicht noch einmal sehen, ich hoffe, er weis wie dankbar wir für all seine Hilfe, Geduld und Gastfreundschaft sind.

Zusammen mit Kerry stehen wir später am Hafen und schauen hinterher, wie sich das riesige Schiff in der Dunkelheit und unbemerkt vom Großteil der Menschen, die hier leben aus der Bucht schleicht.

Wir verabschieden uns ein paar Tage später noch einmal, um uns die Gegend südlich von Hobart und Bruny Island anzuschauen, Tasmanien ist uns wirklich ans Herz gewachsen und besonders Hobart – wenn ich jemals in einer Stadt leben wollte, dann höchstens hier.

Wir treffen unterwegs wieder einige interessante Zeitgenossen – angeblich sogar einen der reichsten Männer des Kontinents, aber es sind die normalen Leute, die wir in Erinnerung behalten – wenn man denn Uralgespannfahrer als normal bezeichnen kann – wie zum Beispiel Graham und Julie, die als freiwillige Helfer einen Monat lang auf dem Campingplatz des Cockle Creek Nationalparks arbeiten und uns gleich nach unserer Ankunft hier auf Kaffee und Kuchen einladen. Wir verplaudern den ganzen Abend mit den Beiden und was das Erstaunlichste überhaupt ist, ist die Tatsache, dass sie auf ihren eigenen Reisen sogar schon Mal ein anderes HU-Gespann getroffen haben.

Als wir am nächsten Morgen wieder losfahren wollen fällt plötzlich unser Ölfilter ab und wir pumpen gleich mindestens einen Liter Öl hinterher … mitten im Naturschutzgebiet!

Wie gut, dass wir uns mit Graham und Julie angefreundet haben und die Beiden dank ihrer eigenen Motorradabenteuer vollstes Verständnis für unsere Lage haben. Graham meint nur: „Na wenn dies das einzige Unglück ist, das dieses Jahr im Nationalpark passiert, dann haben wir ja Glück gehabt.“

Nach nur 3 Tagen sind wir schon wieder zurück bei Kerry und wieder oder immer noch macht unsere Liza Probleme. Der Motor stottert bei hohen Drehzahlen und/oder geht einfach aus – wir sind mehr als ratlos.

 Eigentlich wollen wir nur kurz bleiben, uns das „Wooden Boat Festival“ anschauen und auch noch mal bei Tom und Abby vorbeifahren, die beiden haben sich ein Haus am Ufer des Derwent mit Blick auf die Stadt und Mt. Wellington gekauft und wir alle sind zum Grillen eingeladen, was wir auch tun.

Gemeinsam verbringen wir einen schönen Abend im neuen Haus und auf der Rückfahrt überredet uns Kerry, die Boote bei Nacht anzuschauen.

Wir fahren auch am nächsten Tag (zusammen mit Millionen anderer Menschen) in die Stadt, aber die Boote in der Nacht zu sehen, die sich in der schummerigen Beleuchtung im Wasser spiegeln – und das Ganze ohne Gedrängel ist definitiv nicht zu schlagen - selbst mit blauem Himmel und Sonnenschein nicht.

Wir brauchen noch fast 2 Wochen bis wir endlich so weit sind, dass wir unsere Reise fortsetzen können,  denn selbst mit viel Hilfe von Andi, (noch ein Freund von Paul und Kerry und ein Mann, der fast alles über BMs weis) können wir den Fehler einfach nicht finden. Nachdem wir beide Vergaser komplett überholt haben, und sie noch immer nicht läuft, steht fest, dass wir ein elektrisches Problem haben  müssen und das zu finden ist nun so richtig besch ...eiden.

 

Wir finden immer wieder lose Verbindungen, tauschen das Zündsteuergerät und den Hall-Sensor sowie die Zündkerzen und -kabel (nachdem wir einen ganzen Tag herumlaufen, um die Teile zu finden) - der Prozess führt zu schweren Ehekrisen und zahlreichen Pannen mit hektischen Reparaturen am Straßenrand bei Testfahrten- eine dieser Fahrten ist ein Ausflug nach New Norfolk mit Kerry auf Wesley (dem Hund) zu Ehren seines 15. Geburtstags.

Kerry und Wes sind im Auto unterwegs und wir vereinbaren einen Treffpunkt, aber schon kurz vor Hobart sind wir zum ersten Mal am Straßenrand gestrandet. Mangels besserer Ideen schauen wir, ob mal wieder Dreck in den Vergasern ist, aber die sind sauber und so bauen wir halt mal wieder den Tank ab und wackeln an Drähten – irgendwann läuft sie am Ende wieder, aber wir wissen nicht, warum, und schon nach kurzer Zeit – mitten im dicksten Verkehr in der Stadt haben wir erneut das gleiche Problem! Wir schieben das Motorrad in eine Seitenstraße und beschließen- mal wieder – das Zündsteuergerät auszutauschen. Dies scheint erst Mal zu funktionieren und wir kommen etwa zwei Stunden zu spät am Treffpunkt an (gerade rechtzeitig bevor Kerry beschließt, nicht mehr viel länger zu warten).

Was für eine Schande - jetzt haben wir nur gerade noch genug Zeit, um dem berühmten Pie-Shop einen Besuch abzustatten und die besten und billigsten hausgemachten Steak-pies im ganzen Land zu probieren und dann noch einem der zahlreichen Antiquitätenläden, die auf dem Gelände der ehemaligen psychiatrischen Klinik sind einen Besuch abzustatten. Es ist eine wahre Fundgrube und wir verbringen so lange wir können dabei, uns durch die Schätze zu wühlen. Es ist ein riesen Spaß sich in alte Kleider und Hüte zu staffieren und darin für Fotos zu posieren. Ich bezweifle, dass Wesley seinen Geburtstag so viel genossen hat, wie wir, aber zumindest hat er eine Wurst als Geschenk abgestaubt!

Auf dem Rückweg hustet und spuckt unser Motorrad und immer wieder kommt es zu lauten Fehlzündungen, aber zum Glück schaffen wir es ohne erneut am Straßenrand zu fuhrwerken zurück nach Hause.

Am nächsten Tag bauen wir wieder alles auseinander, um die Suche nach der Quelle aller Probleme wieder aufzunehmen, bis wir endlich den Schuldigen finden: es ist ein einfacher Stecker (der Strom an alle Module in der Zündkette führt). Die Anschlüsse haben sich losvibriert und nach 3 Klicks mit denen sie wieder an ihrem Platz geschoben sind läuft unser Motorrad wieder so reibungslos wie an dem Tag, an dem wir zu Hause losgefahren sind – na ja - saubere Vergaser machen schon auch einen Unterschied...

Kerry hat mir das Versprechen abgeluchst, dass wir nicht wegfahren, bevor unser Blog auf dem allerneuesten Stand ist, und so beginne ich alle unsere Tassie Abenteuer zusammenzufassen und ich arbeite, bis meine Augen viereckig sind - es ist an der Zeit, sich wieder auf den Weg zu machen - auch wenn es schwer ist, und wir haben auch sicher nicht alles hier gesehen, was es zu sehen gibt.

Wir schieben noch einen Besuch im Königlichen Botanischen Garten in Hobart ein - man kann ja nicht ohne den besucht zu haben wegfahren. Also abgesehen von Packen und Blog schreiben nehmen wir uns noch die Zeit für diesen kleinen Ausflug – der allerdings definitiv die Mühe wert ist. Der Eintritt ist kostenlos und die Gärten wunderschön. Es gibt einen Kräutergarten (gar nicht so sehr verschieden von meinem eigenen zu Hause), eine schöne Gewächshaus für subantarktische  Pflanzen (nach einem Besuch in der Aurora Australis definitiv bekräftigt dies definitiv unseren Anspruch, einen Zeh auf dem 6. Kontinent gehabt zu haben), ein Sukkulenten- und Kakteen Garten, Rosenbeet, Abteilung mit einheimischen Pflanzen – man kann auf jeden Fall viel Zeit hier verbringen.

 

So viel wie wir uns auch wünschen, dass die Zeit hier noch nicht zu Ende sein möge - es wird nie einen Tag kommen, an dem der Abschied leicht fällt. Am Ende nimmt Kev die Zügel in die Hand und beschließt, dass Freitag ist es soweit - bereit oder nicht. Wir möchten, gerne noch einen Abend mit Tom und Abby verbringen und so scheint es eine gute Idee, die Abfahrt in Raten zu machen. Wir haben noch den ganzen Tag mit Kerry - vielleicht bekomme ich sogar meine Arbeit am Computer beendet und dann fahren wir lediglich nach Hobart, übernachten in ihrem Haus und haben die Möglichkeit, uns von unseren beiden Freunden hier zu verabschieden, und dann nur noch ein zwei oder drei Übernachtungen auf dem Weg zur Fähre ... ...

 

Nun - es ist der schwierigste Abschied, seit wir von Haus weggefahren sind und dem Abschied von Johan. Während der letzten 20 Monate sind wir nirgendwo so lange geblieben und das sogar  drei mal – es hat tatsächlich begonnen sich anzufühlen, wie nach Hause kommen ... ..

Dank Kerrys Liebe zu ihrem Land bekommen wir mehr zu sehen als es normalerweise  der Fall wäre und sie erklärt uns so einiges, was wir vorher nicht verstanden haben und uns dadurch nicht nur Tassie, sondern auch Australien als Ganzes viel näher bringt und ohne das wir es merken  haben wir nun scheinbar begonnen, Wurzeln zu schlagen. Dank Kerrys Hartnäckigkeit und auch all der Hilfe von Paul und Andi sowie anderen Motorrad Freunden, sind wir so organisiert und auf dem neuesten Stand, wie es einem Chaosteam überhaupt möglich ist. Unser Motorrad wurde gut durchgecheckt und  vom neuen Gaszug über Schweißarbeiten am Zusatztank bis hin zu Motordichtungen, Schwingarmlagern Elektrik und Vergasern ist alles fit, wir haben es geschafft unseren Fundus an Ersatzteilen aufzufüllen und einiges unserer Ausrüstung zu ersetzen, unseren die Papierkram in Ordnung gebracht und Kevins Vorrat an Tabletten aufgefüllt.

Kerry ist ein ganz besonderer Mensch. Sie hat ihr Leben bei einem Motorradunfall fast verloren und ist eigentlich nur dank ihrer Entschlossenheit in der Lage, wieder laufen und sogar fahren zu kommen und sie lebt jede Stunde des Tages auf eine intensive Art die auch ihre Mitmenschen mitreißt......

Es stellt sich heraus, dass es ein guter Plan ist, die Abreise in kleinen Schritten zu machen – wir beide ermöglicht es, mich selbst zu glauben, zu betrügen, es ist nur ein weiterer Tag aus, aber wir beide tun haben ein paar Tränen zu schlucken, und wenn irgendwer glaubt, dass man sich an diese Situationen gewöhnt macht sich selbst die Taschen voll - das Einzige, was man mit der Zeit lernt ist, es zu  vermeiden, sich irgendwo heimisch zu fühlen - wenn das geschieht hat man schon verloren.

 

Wir verbringen einen weiteren schönen Abend in Tom und Abbys neuem Zuhause und am nächsten Morgen kommt Kerry noch einmal vorbei, sie bringt ein paar Sachen mit, von denen sie dachte, dass wir sie vergessen haben (vielleicht wollte sie aber auch einfach nur sicherstellen, dass wir endlich die Fliege machen) und wieder fließen die Tränen und auch wenn wir anschließend durch eine sehr schöne Landschaft fahren, dauert es eine Ewigkeit, bis ich wieder in der Lage bin, die Schönheit unserer Umgebung zu bewundern. Wir schaffen das Meiste von dem, was wir uns vorgenommen haben und sogar noch ein bisschen mehr - und in der gleichen Gegend, in der wir uns schon vor Wochen verfahren haben, schaffen wir es den gleichen Trick zu wiederholen  - mitten im Nirgendwo bleiben wir mit leerem Tank liegen! Diesmal haben wir allerdings ein bisschen mehr Glück – wir halten neben einem Bauernhof, und können sogar genug Benzin kaufen, um uns zur die nächsten Tankstelle zu bringen. Es wird es langsam dunkel und wir müssen noch 50 km zurück zu Ben Lomond Nationalpark fahren – hier ist das Campen kostenlos und außerdem müssen wir noch bis zu Gipfel fahren, denn als wir das erste Mal hier waren haben wir das nicht getan – wir mussten seitdem allerdings herausfinden, dass wir damit so ziemlich das Beste verpasst haben. Es ist stockdunkel, als wir zu dem Campingplatz kommen und so schnell wir können bauen wir das Zelt auf und kochen etwas Abendbrot.

Es ist viel schöner hier, als wir vor fast 1 Monat auf dem Campingplatz dachten und wir haben einen wunderschönen Sternenhimmel gratis dazu.

Am nächsten Morgen müssen wir uns allerdings mal wieder beeilen, denn es haben sich bedrohlich dunkle Wolken aufgezogen und abgesehen davon, dass wir unsere Sachen am liebsten trocken packen möchten, wollen wir auch die Serpentinen zum Gipfel fahren und die Aussichten genießen, bevor sich alles so richtig zu zieht.

Wir haben in allen Punkten Glück, der Weg und die Aussicht ist genauso atemberaubend, wie versprochen, und dann schaffen wir es noch den meisten Schauern auszuweichen, die entlang unseres Weges niederprasseln

Für die Fähre zum Festland heute Abend sind nur noch wenige Plätze zu haben danach müssten wir noch 5 Tage für das nächste verfügbare Überfahrt warten. Also bezahlen wir die fürchterlich überteuerten Kojen und mit Hilfe von ein paar Bier und Pillen gegen Seekrankheit verschlafe ich die komplette Überfahrt, die angeblich nicht so ruhig war, wie die Hinfahrt - dieses Rezept werde ich in Zukunft wieder anwenden - Ich werde Schiffe niemals mögen und wenn ich es schaffen kann, von den notwendigen Fahrten nichts mitzubekommen, dann kann mir das nur recht sein!