Wieder in Kambodscha: Urlaub und Abenteuer

 

Der Grenzübergang zurück nach Kambodscha ist angenehm unkompliziert und schon bald sitzen alle wieder im Bus und es geht weiter in Richtung Phnom Penh.

Ich schaue aus dem Busfenster und kann es nicht fassen, wie ruhig es hier auf den Straßen ist. Immer wieder stupse ich Kev an und stelle fest,  dass hier ja gar nichts und niemand unterwegs ist.

Unser Plan für die Weiterreise besteht darin, erst einmal mit dem Bus nach Sihanoukville zu fahren, um uns dort mit Arnie zu treffen, der hier 2 Monate lang seinen Winterurlaub verbringt um sich von seinem anstrengenden Knochenjob als Motorradkurier in London zu erholen. Es ist sicher netter, die in London kalte nasse Zeit zu verpassen und stattdessen hier am Strand Wärme zu tanken.  Arnie hat uns außerdem  netterweise ein paar Ersatzteile und Zollpapiere für Liza mitgebracht und nach 2 anstrengenden Monaten mit der uralten Honda Win im hektischen Vietnam können wir eine Erholungspause vom Abenteuer gut gebrauchen. Johan hat ebenfalls beschlossen, hier ein paar Tage mit uns auszuspannen bevor wir nach Siem Reap zu unseren eigenen Motorrädern fahren und sie dort für die weite Reise die wieder vor uns liegt fit zu machen.

Bevor wir allerdings dazu kommen, die geschundenen Knochen am Strand auszubreiten werden sie erst noch einmal so richtig in den kambodschanischen „Luxusbussen“ durchgeschüttelt. Von der Grenze aus werden wir nach Phnom Penh gebracht, wo wir in den Bus nach Sihanoukville umsteigen sollen. Der Bus wirbt zwar mit kostenlosem Wlan, der Zugangsschlüssel ist auch gut leserlich im Bus angebracht, aber das Modem hats wohl zersägt und nun müssen wir uns die ganze Zeit  dramatische kambodschanische Seifenopern im Wechsel mit Karaokemusikfilmen in Endlosschleife anschauen, die nach einer Weile meinen Überlebenswillen  sabotieren.

Ich bin überglücklich, als wir endlich in Phnom Pen ankommen und stelle fest, dass ich den Verkehr hier nach 2 Monaten Vietnam tatsächlich sehr zahm finde. Der Anschlußbus lässt auf sich warten und fährt dann auch noch in Kreisen durch die Hauptstadt, um jeden verfügbaren Platz zu füllen.

Es erübrigt sich hier nach einem Wlan Anschluss zu suchen und stattdessen haben wir die Wahl, entweder die wenig Vertrauen erweckende Aussicht auf die  Fahrkünste unseres offensichtlich Nachtblinden Busfahrers (wir sitzen direkt hinter ihm) oder Seifen und Karaoke auf dem Bildschirm über ihm zu verfolgen.

Eine Pause nach 4 Stunden Fahrt nutzen wir, um endlich mit Arnie Kontakt aufzunehmen und herauszufinden, wo wir die Nacht verbringen werden. In einem Anfall von Euphorie schreibe ich ihm, dass wir bald ankommen werden, aber leider habe ich mich da völlig verschätzt – alle 5 Minuten hält der Bus nun an um Droppche for Droppche einzelne Passagiere raus zulassen und so dauert es noch einmal 4 Stunden, bis wir endlich mitten in der Nacht am Ziel sind. Wir suchen uns ein Tuktuk, zeigen ihm die Adresse, die Arnie uns geschickt hat und schon bald werden wir mit unserem Haufen Gepäck für himmelschreiend überteuerte 5 Dollar zu unserer Bleibe gezockelt.

Hier ist man erst mal etwas überfordert, unser Zimmer wurde von einer anderen Person gebucht, aber man kann die Buchung immerhin nach einer Weile finden. Ein Angestellter wird losgeschickt, um nachzuschauen und er kommt mit der Nachricht zurück, dass das Zimmer entweder bewohnt oder nicht saubergemacht sei und nach 14 Stunden in unterschiedlichen Bussen mit von Seifenopern und Karaoke aufgeweichtem Gehirn liegen unsere Nerven unter Starkstrom – der Geduldsfaden reißt und wir werden recht ungemütlich. Mehrmals versucht der arme Rezeptionist, Arnie zu erreichen und uns zu beruhigen, bis er endlich Glück hat, denn Arnie ruft zurück und erklärt, dass die Stiege Bier im Kühlschrank von ihm dort deponiert wurde und ein Willkommensgeschenk für uns ist. Der arme Angestellte, der schon alles ausgeräumt hatte (und sich vielleicht auch schon auf ein kaltes Bier gefreut hat) muss nun alles wieder ins Zimmer tragen.

Glücklich, nun endlich angekommen zu sein machen wir uns erst noch auf den Weg, um etwas Essbares an einem Straßenstand zu finden (denn unsere Esspause im Bus hatten wir ja zum Rauchen wegen der strapazierten Nerven und zur Emailkommunikation genutzt), auf dem Weg zurück zum Hotel wäre ich dann auch noch fast auf einen Skorpion gelatscht – in letzter Sekunde sehe ich das Tier und da ich meinen Augen nicht traue frage ich die Anderen, was das jetzt gerade war und bekomme zur Antwort – genau das, was du denkst!  

Zurück im Zimmer stürzen wir uns auf das kühle Bier : ein Hoch auf die weise Voraussicht des edlen Spenders!    Nach einer Weile kommt auch Arnie vorbei, um uns willkommen zu heißen und wir schaffen zu viert spielend die Stiege Bier – ich glaube das Meiste davon ist schon in der ungewohnten Hitze verdunstet!

Die nächsten 6 Tage verbringen wir mit Arnie in Sihanoukville dem El Arenal von Kambodscha. Es ist allerdings ein bisschen ruhiger – zumindest die Ecke, in der wir uns bewegen – wir sind langsam doch zu alt für die Partyzone: Been there, done it and bought the T-shirt. 

Arnie holt uns morgens zum Frühstück in unserem Guesthouse ab und meist frühstücken wir am  Victory beach – unserem Hausstrand -  einer von vielen Stränden in und um Sihanoukville und ich denke es ist der ruhigste und entspannteste Strand. Wir haben uns ein paar von den anderen angeschaut und überall sonst sind mehr Leute und aus jeder Hütte kommt andere Musik. Man wird oft von Bettlern angesprochen, die durch Landminen ihre Beine verloren haben, der Backpacker Strand ist voll mit schlecht gelaunten jungen Leuten, die ihr Programm abhaken und dauernd will einem irgendwer was andrehen (Armbändchen, Obst, Joints, Massage) Was extrem auffällt in diesem touristischsten aller kambodschanischen Orte ist, dass die Einheimischen hier nicht mit uns lachen und scherzen – selbst in Phnom Penh und Siem Reap war das nicht so – die jungen Mädels hier haben sich aufgetakelt und viele von ihnen sind auf der Suche nach einem reichen Bleichgesicht und alle anderen arbeiten auf ihre Art daran, irgendwie an die begehrten Dollars zu kommen. Einmal wurde ich tatsächlich von einem Kellner angesprochen und gefragt, ob ich ihn nicht adoptieren könnte, er sieht keine Zukunft in diesem Land für sich und möchte in Deutschland arbeiten und wenn möglich auch studieren und er weis noch nicht einmal, welche Sprache in Deutschland gesprochen wird. Ich sage ihm, dass ich seine Frage sehr mutig finde, aber abgesehen von der Tatsache, dass ich nicht weis, ob man zu Hause einen 23 jährigen Mann so einfach adoptieren kann wird es (hoffentlich) eine lange Zeit sein, bevor wir wieder dort sind.. Ich kann es ihnen allen nicht verübeln – sie bekommen wenn sie Glück haben einen Tag im Monat frei, arbeiten lange Tage für 150 Dollar im Monat (zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben) und die ganzen Touristen verderben auch für die Einheimischen die Preise. Die älteren westlichen Männer suchen sich eine möglichst hübsche Asiatin, die sie hoffentlich wenn sie soweit sind, dass sie eigentlich ins Altenheim müssten, pflegt und das in einem für uns billigen Land, in dem man sich die Heizkosten  spart. Auch dies kann ich nicht verurteilen, es ist ein Handel von dem alle Seiten profitieren.

Wir verbringen also viel Zeit an „unserem“ Hausstrand, der leider so nicht mehr lange zu genießen sein wird. Man hat bereits damit angefangen, einen Bauzaun aufzustellen, hier wird ein schönes Stück Sandstrand einem Kasino zum Opfer fallen. Etwas, das aus meiner Sicht extrem dumm ist – die Touristen, die in ein Kasino fahren sind hier üblicherweise Busladungen voller Chinesen, die aus ihrem Bus ins Kasino schwappen, dort ihre Zeit verbringen ohne auf die Umgebung zu achten (das Kasino könnte also genauso gut neben einem Schrottplatz stehen und so wertloses Land in eine Goldgrube verwandeln)um dann wieder in ihre Busse zu klettern und weiterfahren. Es ist nicht so, als ob Kambodscha viele Sandstrände hätte – der größte Teil von dem bisschen Küste ist Kiesstrand und dies ist genau der Grund, warum Sihanoukville es auf die kambodschanische Tourismuslandkarte geschafft hat und nun graben sie sich selbst Stück für Stück das Wasser oder besser gesagt den Sand ab.

Was solls – wir werden die Welt nicht verbessern und so genießen wir es, noch die Möglichkeit zu haben, hier zu lümmeln und ein Frühstück unter Palmen zu genießen. Immer wieder bringe ich meinen Computer mit an den Strand es könnte ja sein, die Muse küsst mich und  ich komme mal zum Blog schreiben. Das Wasser ist hier so schön blau und klar und es kühlt ein wenig und so lockt es mich immer wieder weg von der schnöden Schreiberei. Wir müssen uns erst mal wieder an die warmen Temperaturen gewöhnen. Nach dem Schwimmen und ein wenig Thailandblog beschließen wir, dass es Zeit ist, um den heißesten Teil des Tages drinnen zu verbringen und so fahren wir ins Zentrum, wo wir uns mit einer  Seeing hands Massage verwöhnen lassen wollen. Die seeing hands sind eine Organisation, die blinden Menschen eine Ausbildung gibt und einen fairen Arbeitsplatz, was hier für behinderte Menschen eine große Chance ist. Für 6 $ bekommt man eine einstündige Ganzkörpermassage und ich belabere Kevin, sich auch mal massieren zu lassen, denn er hat schon seit Weihnachten Probleme mit dem Rücken und Schultern und außerdem ist es für einen guten Zweck – ich fördere lieber solche Projekte, als dass ich Kindern etwas abkaufe, die besser in die Schule gehen sollten.. Die Massage ist nichts für zarte Gemüter, aber sogar Kevin fühlt sich danach besser.

Obwohl wir in den 6 Tagen die meiste Zeit am Strand gammeln schaffen wir es doch, uns von Arnie etwas herumführen zu lassen, uns noch den Tempel anzuschauen … um dann an der Küste entlang wieder zum Hausstrand zu fahren, wo wir uns nun ein kühles Bier zum romantischen Sonnenuntergang gönnen. Manchmal  fahren wir  abends ins Zentrum, gehen essen und machen eine Erkundungstour durchs Partyviertel. Das ist nun wirklich nicht unsere Welt, aber man muss es wohl mal gesehen haben, dann ist es aber auch schon gut.

Arnie ist ein Star, er kennt hier Alles und jeden, kann uns sagen, wo wir am Besten die Wäsche waschen lassen, einen Roller mieten gut und günstig essen  und wir haben eine superschöne Zeit, die wie alle guten Zeiten im Flug vergeht und ehe wir uns versehen sitzen wir schon wieder im Bus um uns endlich mit unseren heißgeliebten Mopeds zu vereinen.

Nachdem wir von morgens um Acht bis abends halb Elf in einem klimaunterkühlten, völlig überfüllten ratternden Bus von Sihanoukville über Phnom Penh nach Siem Reap  geschaukelt sind um dann mitten in der Nacht auf die Suche nach einer Unterkunft irren müssen ist unser erster Gedanke, dass es heute endlich soweit ist: Wir holen unsere Liza aus ihrer 2 monatigen Mottenkiste. Endlich endlich …… endlich! Letzte Nacht noch habe ich Heng eine Nachricht geschickt und so checke ich gleich nach dem Augen aufmachen, ob er sich bei uns gemeldet hat – Er HAT. Wir sollen uns bei ihm melden, wenn wir aufgestanden sind und so beschließen wir, erst was zu frühstücken und dann wollten wir ja noch ein Geschenk für die Kinder und eine Flasche Whiskey für Heng besorgen als Dankeschön dafür, dass er unsere Motorräder für uns verwahrt hat.  Hengs Frau haben wir einen schönen Schal in Vietnam gekauft, der wird nun aus den Tiefen der Packtasche gefischt. Und wir machen uns auf in Richtung Markt in der Hoffnung, dort alles zu finden.

Es ist schon jetzt eklig warm und wir sind die schwüle Hitze so gar nicht mehr gewohnt. Auf dem Markt  herrscht  ein reges Gewimmel und es werden Fische neben Obst und Schuhständen, Haushaltsartikel, Klamotten, Souvenirs, Fleisch und Geflügel und halt so alles, was man sich vorstellen kann verkauft. Ich erstehe ein Hackmesser bei den Haushaltswaren aber ansonsten findet sich hier irgendwie nichts von dem, was wir suchen. Bei Tageslicht sieht die Stadt auch irgendwie völlig anders aus und obwohl wir schon 2 mal hier waren sind wir leicht desorientiert. Irgendwann findet sich dann doch alles – in einem Minimarkt gibt’s den Whiskey und ein paar Läden weiter Federballsets für die Kinder. Wir machen uns auf den Rückweg und frühstücken noch schnell am Straßenrand, dann geht es zurück ins Guesthouse, wo wir Heng anrufen. Er ist nur heute zu Hause – und dann für 4 Tage mit einer Motorradtour unterwegs (er ist unter anderem Tourguide). Das passt uns natürlich sehr gut und so besorgen wir uns ein Tuktuk und machen uns gleich auf den Weg. Es ist 2 Monate her seit wir dort waren und davon haben wir auch nur 1 Fahrt selbst gemacht als wir die Motorräder hingebracht haben und außerdem sind wir auch erst 2 mal relativ kurz hier in der Stadt geblieben aber wir sind uns recht sicher, dass wir es wiederfinden, haben aber keine Adresse, die wir angeben können und so lotsen wir den Tuktukfahrer zwar in die generell richtige Richtung, aber dann irren wir erst mal eine Weil planlos hin und her. Wir finden es dann aber doch noch und da stehen unsere Mopeds – verpackt und eingezäunt auf dem Hof. Das fühlt sich an wie Weihnachten. Am liebsten würden wir uns sofort aufs Geschenke auspacken stürzen, aber  weder Heng noch seine Frau sind da – nur die Kinder. Die verfrachten uns erst mal ins Haus und drücken uns als wohlerzogene Gastgeber ein Wasser in die Hand und dann warten wir ungeduldig. Hengs Frau kommt kurz vorbei und macht uns verständlich, dass sie geschäftlich unterwegs ist (sie stattet Hochzeiten aus) und gibt uns Heng am Telefon. Er erklärt, das er kurz weg musste und meint, er bräuchte noch eine halbe Stunde, aber warum holen wir nicht schon selbst die Motorräder raus – darauf haben wir ja nur gewartet und sofort bauen die Männer den Zaun ab. Abdeckungen runter …… uiih ich kann mich gar nicht daran erinnern, dass wir unsere guten Stücke so dreckig zurückgelassen haben!

Liza hat einen Ziemlichen Flecken Öl vertropft und außerdem ist ganz offensichtlich Batteriesäure ausgelaufen. Die Kabel sind etwas angeätzt und Natürlich ist kein Fitzel Strohm in ihr. Kevin versucht in einem Anfall von Größenwahn einen Einliterboxermotor mit Kardanwelle nach zwei Monaten stillstehen (die Tatsache, das noch nicht mal genug Strom in der Batterie sein wird, um einen Zündfunken zu verursachen mal ganz außer Acht gelassen) mit Birkenstocksandalen anzukicken! Außer einen Tritt ans Schienbein zurück vom Kickstarter und einem dicken blauen Fleck bringt das gar nix ….. un ich sach noch… Karl sach ich….mach das nich!!!

Nach einigem Schädel kratzen – beschließen wir, schon mal alles auseinander zu nehmen, eine neue Batterie werden wir ja auf jeden Fall irgendwie organisieren müssen. Als wir damit soweit sind ist Heng noch immer nicht da. Johan hat seine Suzuki natürlich auf den ersten Knopfdruck anbekommen. 

Nach einer Weile kommt dann Heng doch herbei und schlägt erst mal vor, die Batterie aus einem seiner Motorräder zu nehmen, damit wir wenigstens bis in die Stadt kommen, wo wir versuchen können, uns eine passendere Batterie zu suchen. Mit der winzigen Batterie springt unsere gute Gummikuh tatsächlich an, es ist kaum zu glauben. Wir verteilen unsere Geschenke und Heng läd uns zum Abendbrot ein und weil Kevin mit seinen Birkenstocksandalen nicht schalten kann habe ich die Ehre, sie zum ersten Mal fahren zu dürfen. Obwohl ich in den letzten Monaten meist chauffiert wurde fühlt es sich an, wie nach Hause kommen. Wir halten noch kurz bei der ersten Reifenflickstelle und pumpen die Räder auf und dann navigiere ich durch den Asienverkehr, aber man scheint selbst vom Zuschauen zu lernen und so fühle ich mich auch wider Erwarten nicht unsicher, auch wenn ich mir mehr Zeit nehme, als Johan, der vorneweg düst wie Graf Koks.

Am Batterieladen schauen sie unsere an und schütteln ratlos den Kopf: No have! Ich glaube es nicht. Nach einigem hin und her rätseln können wir herausklamüsern, dass sie zwar eine ähnliche Größe, aber mit anderen Anschlüssen haben und wir schauen uns das Teil im Angebot an. Sie ist ca 1 cm höher und wir brauchen bloß die passenden Schellen – das müsste doch zu tüfteln gehen!  Und siehe da, man hat die passenden Schellen im Angebot und die Batterie passt sogar mit einem Hintchen Platz unter den Sitz. 

Nun ist Alles geritzt. Glücklich machen wir uns auf den Weg zu unserer Bleibe, wo ich eine Mail von Heng bekommen habe, dass der Termin für abends leider nicht klappt, aber das macht nichts, wir werden halt in der Stadt feiern gehen.

Wir wandern ins Zentrum, wo hier die Party tobt (die ganzen Touristen sind auf der Kneipenmeile) und suchen uns hier eine kleine ruhige Kneipe, in der es günstiges Essen und 50 Cent Bier gibt und feiern mit ein paar Bier und einem leckeren Essen , dass wir unsere Untersätze wieder haben.

Zurück im Guesthouse beschließen wir, mit unseren Eltern zu telefonieren. Das klappt mit Skype  meist recht gut allerdings ist das Internet hier nicht besonders und so gibt es immer wieder Störungen, aber in Waldaubach scheint zur Zeit alles gut zu laufen und sowohl wir als auch meine Eltern freuen uns, dass wir endlich mal wieder miteinander reden können.

Danach versuchen wir , Kevins Vater zu sprechen – wir sind recht geschockt, er klingt gar nicht gut und hat schon in den letzten Monaten immer über gesundheitliche Probleme geklagt, aber jetzt kann er nach eigenen Angaben nicht mal den Telefonhörer halten, er hat Rückenprobleme, Nierenprobleme und nun soll er auch noch einen Herzschrittmacher bekommen und ich bin mir recht sicher, dass er uns nicht alles erzählt, weil er uns nicht beunruhigen will und plötzlich ist genau dass geschehen.

Als wir losfuhren wussten wir, dass die Möglichkeit besteht, dass wir nicht jeden wieder antreffen, wenn wir zurückkommen, aber man hofft ja immer irgendwie, dass alles gut geht. Wir versuchen uns gegenseitig zu trösten und hoffen, dass sich mit einem Herzschrittmacher alles zum Besseren wendet. Was können wir auch sonst tun? Für mal eben zurückfliegen und nach dem Rechten schauen reicht unser Budget einfach nicht und nach vielem Hin und Her diskutieren wird klar, dass es das Ende unserer Reise bedeuten würde, wenn wir dies tun. Vor unserer Abreise hatten wir ein ernsthaftes Gespräch mit Ken, indem er uns ausdrücklich erklärt hat, dass er definitiv nicht wünscht, dass wir im Fall des Falles unsere Reise unterbrechen – er sagte, er habe Vorbereitungen getroffen und seine Belange geregelt und daran erinnert er uns auch recht bestimmt, als wir jetzt mit ihm sprechen. Nichtsdestotrotz machen wir uns große Sorgen und ich muss mein angeborenes Helfersyndrom schon recht niederknüppeln, um nicht gleich in den nächsten Flieger zu stürmen.

Die nächsten Tage verbringe ich überwiegend am Computer während die beiden Männer sich mit Elan auf die Motorräder stürzen. Erst mal werden sie mit Hingabe gewienert, man kann sie kaum wieder erkennen und dann kommt noch eine fällige Inspektion dran.  Ich mache recht gute Fortschritte mit dem Aktualisieren der Webseite und nach ein paar Tagen sind beide Motorräder wieder fit für die Weiterfahrt und ich habe 2 Länderblogs und die dazugehörenden Bilder gepostet.

Johan wollte eigentlich von hier direkt zur Grenze und nach Bangkok fahren, aber als wir beschließen, das wir als nächstes durch das Cardamom Gebirge in Richtung Koh Kong fahren wollen überlegt er sich, dass er diesen Teil Kambodschas ja eigentlich auch schon immer sehen wollte und es für ihn nun auf eine Woche mehr oder weniger nun auch nicht mehr ankommt. Er hat außerdem eine Nachricht von seiner Botschaft erhalten, die ihm die gute Neuigkeit bringt, dass sein Pass in Bangkok zur Abholung bereitliegt und er nun ohne Umschweife von dort in Richtung Indien weiterfahren kann.

Gemeinsam fahren wir also nach Battambang – der zweitgrößten Stadt des Landes und es fühlt sich so gut an, wieder auf unseren eigenen Gefährten unterwegs zu sein. Schon hier an unserem ersten Etappenziel stellt Johan fest, dass er seine Zeltstangen und Heringe in Siem Reap vergessen hat – zum Glück, denn so kann er wenigstens am nächsten Tag noch einmal zurückfahren, während wir die unerwartete Pause nutzen, um uns diese Stadt etwas näher anzuschauen.

Herr Google hat da so ein paar Ideen – es gibt den berühmten Bambuszug,  Er besteht aus einem Bambusgestell, auf dem Lasten, Menschen manchmal sogar Vieh auf den Überresten der alten Kolonialbahn in abgelegene Gegenden transportiert wurden. Das Gestell kann von den Rädern abgenommen werden, wird von einem kleinen Traktor- oder Motorradmotor mit einem Riemenantrieb fortbewegt und muss bei Gegenverkehr von den Gleisen genommen werden, wobei immer der Wagen mit der größeren Ladung Vorfahrt hat. Eigentlich heißen die Draisinen artigen Züge Norris und es gab sie vor Allem in der Region um Battambang – übrig geblieben ist von dem einstigen Norry Netz ist nur noch der eigens für Touristen betriebene Bambootrain–er führt von der Stadt aus über ein kurzes Teilstück in ein kleines Dorf und kostet 5 USD für eine Rundfahrt.  Dann gibt es noch die Zirkusschule, die von einer NGO einst für elternlose Kinder eröffnet wurde, um diesen zu helfen, die Gräuel der Khmer Rouge Zeit zu bewältigen. Man kann an bestimmten Tagen zu Vorführungen gehen – und ausgerechnet Heute wäre so ein Tag.  Dann gibt es noch die Fledermaushöhlen am Fuße des Phnom Sampeou, einem einzeln stehenden Berg, von dem aus man einen wundervollen Blick über die ansonsten flache Landschaft rund um Battambang haben soll und natürlich etliche Tempel in und um die Stadt herum. Während wir so überlegen und diskutieren, wofür unser Budget wohl alles so ausreichen mag ist mittlerweile fast der ganze Vormittag vergangen und schließlich entscheiden wir, erst mal mit dem Bambuszug anzufangen und dann  schaun wir halt mal…..

Wir suchen uns ein Tuktuk und der nette Fahrer hat schnell ein Programm für uns zusammengestellt: erst Bambuszug, dann zum Phnom Sampeou und als Abschluß die Fledermaushöhle – hätten wir ihn gleich gefragt, wären wir wesentlich schneller unterwegs gewesen.

Der Zug ist jetzt zwar nicht die Riesenattraktion, aber schon recht witzig, unser Fahrer hält schon nach der ersten Biegung an, aber nur um seinen Kumpel noch mitzunehmen und dann gibt er so richtig Gas – die Schienen sind teilweise etwas buckelig mit zum Teil recht bedenklichen Lücken zwischen den Einzelstücken, die für gute Schläge ins Kreuz sorgen, aber es macht Spaß. Am Ende der Strecke ist eine kleine Siedlung mit den üblichen Verkaufsständen – hier wird eine Pause eingelegt -  wir gönnen uns ein Hopfenkaltgetränk und ich lasse mich zum Kauf eines Khmerhutes überreden – schließlich hat Kev schon genug verrückte Hüte gesammelt.  Auf dem Rückweg müssen wir mehrmals anhalten und unser Gefährt von den Schienen räumen um den entgegenkommenden Verkehr durchzulassen und dann ist die Fahrt auch schon vorbei. Unser Tuktuk wartet im Schatten und nun geht es  zum Phnom Sampeou – am Fuße wartet eine Armee Rollertaxis darauf, die Touristen zum Gipfel zu bringen und da der Aufstieg sehr lang und steil ist und wir ja auch rechtzeitig vor Sonnenuntergang wieder zurück sein wollen, damit wir den Ausflug der Fledermäuse nicht verpassen nehmen wir das Angebot an. Auf halber Strecke steht ein kleiner Tempel und dort geht es zu zwei Höhlen, die eine traurige Khmer Rouge Vergangenheit haben – sie wurden nämlich dazu genutzt, Menschen umzubringen, indem man sie einfach hinunterwarf – ein Aufstieg aus den Höhlen war nicht möglich und so verhungerten diejenigen, die durch den Sturz nicht gleich getötet wurden einfach. Schädel und Knochen der Opfer sind in einem gläsernen Sarkophag noch immer zu sehen. Von hier geht es dann das letzte steile Stück den Berg hinauf und ich habe so meine Bedenken, ob der Roller das schafft, aber es klappt. Die Aussicht ist wirklich schön und auch hier gibt es eine Pagode zu besichtigen.

Das Highlight des Tages ist dann allerdings die Fledermaushöhle. Wir schaffen es gerade rechtzeitig dort anzukommen und nach etwa 5 Minuten warten geht das Schauspiel schon los. Wir beobachten eine Viertelstunde lang, wie Wolken von Fledermäusen die Höhle verlassen – das müssen Billionen sein – unglaublich – dann fahren neben einem schwarzen Band von Fledermäusen, das sich am Himmel entlang zieht zurück in Richtung Stadt und halten noch einmal unterwegs, um den weiteren Flug der Tiere zu beobachten. Noch nie haben wir ein derartiges Schauspiel gesehen. Es dauert mindestens eine Stunde, bis alle Fledermäuse aus der Höhle ausgeflogen sind – unser Tuktukfahrer erzählt uns, dass sich die hiesige Polizei eine goldene Nase daran verdient, den Guano aus der Höhle für 50 USD pro Sack zu verkaufen.

Am nächsten Tag können wir weiterfahren, Johan hat all seine Teile wieder und wir sind schon gespannt auf einen der letzten großen Dschungel in Südostasien.

Mit dem GPS haben wir eine Abkürzung gefunden, die uns 100 km einsparen soll. Schon kurz nach Battambang sind wir auf Staubpisten und die werden recht schnell immer schwieriger. Wir sind auf einem schmalen Weg, der von tiefen Furchen durchzogen ist und immer wieder treffen wir auf Fahrzeuge, deren Fahrer nur mit dem Kopf schütteln und Umkehrbewegungen machen, aber wir haben  uns in den Kopf gesetzt, das wir hier durchkommen – schließlich  waren wir ja schon auf ganz anderen Strecken unterwegs – wir sind hartgesottene Abenteurer!  Das navigieren entpuppt sich als völlig neuer Schwierigkeitsgrad auf dem Weg zum Offroadprofi…. Es ist gemein heiß und schwül, wir haben natürlich nicht genügend Wasser dabei und das wenige ist pippiwarm. Während Johan auf seiner DR in den tiefen Rillen sein Glück versucht müssen wir mit unseren 3 Rädern zusehen, dass wir genau in die nicht hineingeraten, denn dann haben wir das Problem, dass wir nicht mehr herauskommen. Irgendwann stehen wir vor einer Pfütze von der Größe eines Flusses und versuchen herauszufinden, wie tief das Ganze ist und ob wir wohl durchfahren können. Ein junger Mann auf einem Roller kommt uns entgegen und meint, wir kämen hier nicht weiter … dann denkt er noch einmal nach und sagt: wenn ihr hier durchkommt, dann gibt es nur noch eine schwierige Stelle, aber da kommen normalerweise nur LKWs und einspurige Motorräder durch. Wenn ihr dass schafft, dann ist der Rest der Strecke auch ok.

Na gut, dann versuchen wir halt unser Glück ( wir wollen jetzt nicht mehr aufgeben und uns den ganzen  Weg wieder zurückkämpfen). Durch das Wasser kommen wir alle relativ gut durch – wenn auch gerade so aber dann kommt das nächste Wasserloch. An der Seite führt eine schmale Spur für einrädrige Fahrzeuge entlang, aber mitten durch ist keine Option – wir können noch nicht einmal feststellen, wie tief das Loch ist - unser Stock, mit dem wir versuchen zu loten versinkt recht tief und am Boden lässt sich eine dicke Schlickschicht ertasten. Wir beobachten ein paar Einheimische auf ihren Rollern, die geschickt über die Seite navigieren und betrachten uns grübelnd die Lage: Also wenn wir mit dem Motorrad genau am Rand bleiben und der das Gewicht hält und dann in einem bestimmten Winkel quer rüber schießen können, ohne dass uns der Seitenwagen zum Kippen bringt, also es könnte schon klappen…..

Die Einheimischen haben für die kostenlose Show angehalten und bieten außerdem noch Hilfe an. Mit 3 Männern hängen sie als Gegengewicht am Beiwagen und auf Kevins Kommando springen sie dann rechtzeitig ab, damit er mit Vollgas durch das letzte Schlammstück heizen kann – wir haben es tatsächlich geschafft, auch wenn wir auf der anderen Seite noch mal kräftige Schiebehilfe benötigen, um den zerfurchten Berg auch wieder hochzukommen, aber das ist nun wirklich nicht mehr so schlimm und Johan nimmt die vorgefertigte Spur des einheimischen Verkehrs. Wir müssen uns zwar noch eine ganze Weile durch den Dschungel und durch zerfurchte Wege kämpfen, aber wir sind jetzt relativ zuversichtlich, dass wir es schaffen werden. Wie gut, dass wir noch ein Bündel Bananen und eine kleine Flasche Wasser für jeden haben – die haben wir jetzt alle nach dem Kraftakt nötig und nach der Stärkung jonglieren wir die Fahrzeuge auch noch das letzte Stück bis zum nächsten Ort – danach haben wir glatte Staubpiste – kein Problem für mit allen Wassern gewaschene  Dschungelkönige!  Von hier geht es nun über die Cardamom Berge, durch einen der letzten asiatischen Dschungel und es offenbart sich eine unglaubliche Landschaft, die es so wohl nicht mehr lange geben wird. Von allen Seiten wird abgeholzt und abgebrannt, was nur geht – ich kann die Menschen zwar verstehen, sie wollen auch nur überleben (und dass noch nicht einmal besonders gut) aber es tut schon weh, die vielen Feuer zu sehen, die sich überall durch den Tropenwald fressen.

Wir treffen unterwegs den Leiter des Nationalparks, der hier auf relativ verlorenen Posten versucht mit 40 Rangern zu retten, was geht. Immer wieder müssen illegale Dörfer geräumt werden, die mitten im Dschungel entstehen und auch Wilderei ist ein Problem – die Chinesen bezahlen einfach zu gut für Teile der wilden Tiere, die es hier noch gibt.

Nach 2 Tagen erreichen wir Koh Kong – eine kleine Stadt an der Küste kurz vor der kambodschanisch/thailändischen Grenze, wo wir uns noch ein paar Tage ausruhen und versuchen, den roten Staub aus all unseren Ritzen zu bekommen, dann geht es wieder nach Thailand, wo sich Johans und unsere Wege nun endgültig trennen werden.