Vietnam 1 - keine Liebe auf den ersten Blick

Nach einer chaotischen Busfahrt, die nachts um 12 in Siem Reap begann und so ziemlich ohne Schlaf 16 Stunden später in Saigon endet haben Vietnam und ich einen etwas verkorksten Start. Am Grenzübergang auf der vietnamesischen Seite müssen wir alle mit dem ganzen Gepäck den Bus verlassen (wir haben zu dem üblichen Gepäck ja auch noch unsere Motorradjacken und Helme dabei) und stehen völlig übermüdet und verschwitzt an der Passkontrolle in einer endlos erscheinenden Schlage. Nachdem die Pässe abgestempelt sind und wir mit unseren Bildern verglichen wurden muss jedes Gepäckstück inklusive der  Helme und Jacken durch ein Durchleuchtungsgerät – ich hoffe bloß, dass ich nicht anschließend auch noch meinen Rucksack am Zoll auspacken muss, weil die ganzen Gerätschaften, der Computer und der Kabelsalat sich darin befinden. Aber ich habe Glück, man scheint hier dann doch schon an Elektronik im Gepäck gewöhnt zu sein. Neugierig schaue ich aus dem Bus, als es weitergeht. Auf den ersten Blick stelle ich fest, dass zumindest entlang der Strecke hier dieses Land und seine Bewohner etwas wohlhabender zu sein scheinen. Die Häuser sind zum  größten Teil aus Stein und zumindest an der vorderen schmalen Seite, die man von der Straße aus sieht angestrichen. Die größte Überraschung ist, dass zum ersten Mal seit sehr langer Zeit Schriftzeichen benutzt werden, die wir wenn wir die Sprache verständen, auch lesen könnten.

Wir werden in der Mitte von Saigon aus dem Bus geladen und stehen erst mal recht dumm herum um dann von Taxifahrern überfallen zu werden, die uns alle ihre Dienste anbieten und nehmen einen, der damit wirbt, dass er ein Taximeter hat. Schon nach wenigen Minuten Fahrt wundere ich mich über das Tempo desselbigen, denn es scheint mir recht schnell zu laufen. Unser Ziel ist der Bahnhof, wo wir den Zug nach Hanoi am liebsten noch heute erwischen wollen. Es scheint Feierabendverkehr zu herrschen und die Stadt ist vollkommen mit Mopeds und Rollern verstopft, die sich in alle Richtungen wuseln. Als wir am Bahnhof ankommen steht das Taximeter bei über 500000 Dong, also über 25 USD, was mir nachdem wir gerade für 16 Std im Bus 20 Dollar pro Person bezahlt haben extrem überteuert vorkommt und nachdem wir bezahlt haben macht sich der Taxifahrer auch sehr schnell aus dem Staub, was verdächtig nach Abzocke riecht – aber was sollen wir jetzt dagegen  unternehmen?

Wir stehen noch nicht lange hier neben unserem Gepäck, da kommt auch schon ein junger Mann, der relativ aufdringlich bettelt – er sagt, er sei hungrig, also grabe ich in meiner Tasche nach Essbarem – das will er aber nicht haben – nur Dollar! Tja da hat er jetzt Pech gehabt. Nach dem Erlebten mit dem Taxifahrer, über 30 Std Schlafentzug und der höchst aufdringlichen Reizüberflutung, die hier herrscht hat er extrem schlechte Karten und irgendwann lassen wir ihn einfach wortlos stehen. Kevin bleibt bei dem Gepäck während Johan und ich versuchen Fahrkarten für den Zug um 7 zu organisieren, was nicht wirklich einfach ist, da wir ein paar Verständnis und auch Sprachschwierigkeiten hier haben. Nachdem wir an verschiedenen Schaltern herumgereicht worden sind, landen wir endlich bei einer jungen Dame, die in der Lage ist, Fahrkarten für 3 Personen auszudrucken, Dong in Dollar umzurechnen und uns dann sogar eine Ermäßigung von 20 Prozent für Kevins Karte gibt, weil er über 60 ist – schade nur, dass der nächste Zug ausgebucht ist und wir nun den 6 Uhr Zug am Morgen nehmen müssen. Das bedeutet nun allerdings, dass wir ein Zimmer für die Nacht möglichst direkt am Bahnhof finden müssen, damit wir es mit unserem Haufen an Gepäck auch schaffen, so früh am Zug zu sein. Diesmal haben wir Glück, wir finden ein Hotel direkt gegenüber für 240000 Dong das Zimmer und es ist groß genug für uns alle. Ich will auch gleich bezahlen, damit wir morgens nicht das Problem haben damit unnötig Zeit zu verlieren, aber hier nimmt man keine Dollar und nun müssen wir uns in den unmöglichen Trubel stürzen um einen Geldautomaten oder eine Wechselstube zu finden. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich das Gefühl, dass ich eine Vorstellung davon habe, wie sich ein Autist fühlen muss. Ich bin völlig überfordert – an jeder Ecke will uns jemand was andrehen, das Überqueren der Straße fühlt sich an, wie ein Todeskommando, überall hupt, brummt und schwirrt es nur so und schon nach kurzer Zeit habe ich das Gefühl, dass mir gleich der Schädel platzt. Wir irren umher und quetschen uns durch Gewühl bis wir endlich einen Geldautomaten gefunden haben und so nun mit 2 Millionen Dong bewaffnet erst mal was zu essen, ein Bier und dann die himmlische Ruhe unseres Hotelzimmers genießen können.  Ich zahle für unser Hotelzimmer mit einem 500000 Dong Schein und bekomme 200000 zurück. Nachdem ich darauf aufmerksam mache, dass dies 60000 Dong zu wenig sind bekomme ich sofort den Rest, aber ich bin trotzdem sauer – warum müssen sie das tun? Ich habe es so satt, immer handeln und aufpassen zu müssen und außerdem bin ich im Moment unausgeschlafen und fühle mich wie ein Bär mit Zahnschmerzen. Am nächsten Morgen rüttelt Kev mich um 4 Uhr schon wach, weil er das Gefühl hat, die 3 Wecker, die wir gestellt haben, nicht gehört zu haben – na Danke auch!

Wenigstens sind wir mehr als pünktlich am Bahnhof und finden unser Abteil recht schnell – es gibt 4 Betten pro Abteil und es scheint, als ob wir unseres erst mal für uns haben. Wir richten uns ein und beobachten die vorbeifliegende Landschaft durchs Fenster. In regelmäßigen Abständen kommt jemand mit einem Wagen voll Esswaren und Getränken vorbei und man kann auch Mahlzeiten zu vernünftigen Preisen bestellen. Jedesmal wenn der Zug anhält kommt eine Flut von  Verkäufern, die uns etwas aufschwatzen wollen und nachdem ich einen mit einem falschen Geldschein bezahlt habe und nie mein Wechselgeld bekomme bin ich schon fast mit diesem Land durch. Die Menschen erscheinen wesentlich reservierter, als wir es von Kambodscha gewöhnt sind und wenn sie lächeln, wollen sie einem entweder übers Ohr hauen oder was verkaufen (merkt man hier, dass ich zu diesem Zeitpunkt  mit Vietnam etwas im Clinch liege?) Die Fahrt ist allerdings sehr angenehm. Was immer man von Vietnamesen halten mag, sie sind ein sehr fleißiges und reinliches Volk. Schon morgens vor dem Hellwerden sehen wir sie auf den zahlreichen Feldern arbeiten und jeder geeignete Boden wird landwirtschaftlich genutzt (einmal sehen wir sogar einen Garten zwischen 2 Gleisen). Schon in dem verstopften Saigon ist mir das auffallende Fehlen von Müll ins Auge gestochen – dies zieht sich hier weiter.  Je weiter wir nach Norden kommen desto voller wird der Zug und auch unser freies Bett ist irgendwann belegt. Einmal komme ich von der Toilette zurück, da sitzen 2 Vietnamesinnen auf meiner Liege – ich setze mich dazu da versuchen sie mir zu verdeutlichen, dass sie ein Ticket haben und ich nach oben ziehen soll aber ich bin in der Beziehung nicht verhandlungsbereit – ich musste mehr dafür zahlen, unten schlafen zu dürfen und tat das aus gutem Grund und so zeige ich ihnen meinen Fahrschein und deute bestimmend auf meine Liege, worauf sie dann das Abteil verlassen und irgendwo mit einem jungen Mann tauschen, der dann zu uns in die obere freie Liege zieht. Die Fahrt dauert 33 Stunden und ich nutze sie, um Schlaf nachzuholen, aber auch dazu, endlich mit dem Blog hinterher zu kommen und so bin ich etwas erholter und auch besserer Stimmung, als wir endlich in Hanoi ankommen.

Auch hier werden wir von einem Schwarm Taxifahrer überfallen, aber diesmal sind wir vorgewarnt. Johan hat mithilfe seines Navis ein Hotel in der Nähe ausgemacht und wir lassen uns nicht mehr auf das Spiel mit dem Taximeter ein. Stattdessen handeln wir einen Preis aus und lassen uns zu der gewünschten Adresse fahren während Johan auf seinem GPS überprüft, das alles stimmt. Als wir ankommen bezahle ich mit einem 50000 Dongschein und der Kerl hat schon einen 10000 Schein in der Hand, den er mir dann hinhält und versucht mir weiszumachen, ich hätte ihm nicht genug Geld gegeben. Wir diskutieren und endlich muss er einsehen, dass wir uns nicht beeindrucken lassen und so fährt er schließlich los – wir allerdings sind nun etwas gestrandet – hier war ganz offensichtlich mal ein Hotel, aber das gibt es nicht mehr und so bleibe ich bei dem Haufen Gepäck stehen während die Männer losziehen um ein Hotel zu finden und nach einer Weile werden sie auch fündig. Das Zimmer ist allerdings recht teuer und so machen wir uns am nächsten Morgen gleich auf, um Mr. Viet zu finden, der mit gebrauchten Motorrädern handelt. Mithilfe von Johans Navi und einem Taxi finden wir ihn und nach einigen Probefahrten sind Kevin und ich stolze Besitzer einer asbachuralten original indonesischen Honda Win Fälschung, die wir auf den Namen Minna taufen. Mr. Viet lässt uns einen Gepäckträger schweißen und gibt uns eine Landkarte und 2 Gepäckgummis dazu. Wir treffen hier auf Tessa und Alex, 2 junge Backpacker, die sich ebenfalls bei Mr. Viet eine Honda Win kaufen und damit Vietnam bereisen wollen und bis auf Johan werden wir hier alle fündig. Johan hat sein Herz an eine Honda Wave gehängt, aber die, die hier stehen sind alle zu teuer. Im modernen Zeitalter von Smartphones ist dies aber kein Problem und so findet er einen anderen Motorradhändler, mit dem er sich vor unserem Hotel verabredet und so folgen Kev und ich auf unserer Minna dem Taxi zurück zum  Hotel. Wir kommen allerdings nicht sehr weit, da haben wir auch schon trocken gefahren. Super und dass in dem Verkehr hier. Nun muss Johan mit dem Taxi zur Tankstelle während wir versuchen unser Moped aus dem Verkehr zu ziehen, der uns beängstigend umflutet und behupt. Wir befürchten schon, dass Johan seine Verabredung verpasst, aber alles richtet sich zum Guten, wir kommen heil und ohne Hanoi noch mehr ins Chaos zu stürzen zurück zum  Hotel und am Ende des Tages hat auch Johan seinen Traum von einer Honda Wave (ebenfalls original chinesische Fälschung) verwirklich und so stürzen wir uns ins vietnamesische Nachtleben, um gemeinsam mit Tessa und Alex, die gar nicht so weit von uns in einem Hostel untergekommen sind den Beginn unseres Vietnamabenteuers zu feiern. Entgegengesetzt zu Saigon schläft diese Stadt nach 12 Uhr nachts (aber dann ist hier auch strickte Sperrstunde, die wirklich jeder einzuhalten scheint) vorher allerdings tobt der Verkehr und ich sterbe jedesmal tausend Tode, wenn ich eine Straße überqueren muss. Der Trick ist, einfach loszulaufen und unter keinen Umständen stehen zu bleiben – dann scheint die Flut von Rollern einfach um einen herumzuspülen aber meine Beine wollen einfach nicht. Immer wieder müssen die Anderen auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf mich warten, weil ich am Straßenrand festgenagelt bin und mich nicht weitertraue. Nach ein paar Bier wird das allerdings etwas besser und als wir angeheitert zu unserem Hotel zurück gehen bin ich fast enttäuscht, dass kaum noch wer unterwegs ist. Vor uns werden überall die Bürgersteige gewaschen und dann hochgeklappt. Morgen wollen wir raus aus der Stadt. Es ist dann Heiligabend und wir wollen Weihnachten am Meer verbringen. Obwohl die katholische Kirche in diesem Land sehr stark vertreten ist und man überall Kirchen sieht ist auch hier so gut wie keine weihnachtliche Stimmung zu spüren.

Am nächsten Morgen sind wir wohl nicht ganz so fit und es dauert eine Weile bis wir losfahren können Wir haben ja nicht allzu viel Gepäck mitgenommen also sind die Mopeds schnell gepackt, aber Johan findet keinen Platz für sein Navi also muss ich vom Rücksitz aus versuchen mit dem Ding den richtigen Weg aus dem Gewusel zu finden und uns aus der Stadt manövrieren. Ich muss ganz ehrlich zugeben, dass ich mich nun doch leicht überfordert fühle – wir schwimmen im Strom der Vietnamesischen Zweiräder (oder besser – wir werden mitgespühlt)  und dauernd geht das Teil aus und ich versuche hektisch, wieder zu der letzten Anzeige zu kommen, die mir sagen soll, wo wir lang müssen. Plötzlich ist das Ding ganz aus und ich habe wieder irgendwas gepresst. Wir halten direkt vor einem Laden mit Handwerksmaterial und Johan besorgt sich Kabelbinder  und doppelseitiges Klebeband – das klappt und nun kann er wieder vorneweg fahren. Jetzt habe ich allerdings mehr Zeit, mir den Verkehr anzuschauen und bekomme doch ein wenig Panik – ich kann gar nicht beschreiben, wie froh ich bin, als wir endlich auf der Schnellstraße sind, die aus der Stadt führt und sich der Verkehr etwas lichtet. Bis zur Fähre nach Cat ba sind es nur noch 85 Km aber die ziehen sich, da die kleinen Mopeds nicht sonderlich schnell sind, aber die Straßen sind gut – fast wie in Thailand und so schlängeln sich Kev und Johan nach einheimischer Manier mal rechts mal links an allem vorbei und wir machen Zeit gut. Plötzlich hält Johan an – er hat schon den ersten Platten – wie gut, dass dies direkt vor einer Werkstatt passiert ist! Innerhalb von 10 Minuten ist der Reifen vom Schlauch, das Loch gefunden und geflickt und alles wieder aufgezogen und aufgepumpt – wow!

Kevin hat sich unterwegs den Rücken verdreht und kann sich kaum noch bewegen, also beschließen wir aus der Not eine Tugend zu machen und Weihnachten ganz ruhig zu verbringen. Wir machen Urlaub vom Abenteuer in Cat Ba - ein recht kleiner Ort auf der gleichnamigen Insel, die die größte in Halong Bay ist. Er besteht zu 90% aus Hotels mit und ohne Fischrestaurant Von Halong Bay sehen wir außer unserem Hafenbecken hier erstmal nichts– aber wir spüren es –an jedem Ort mit Weltkulturerbestatus, wo wir bisher waren ist alles gemein teuer. Wir hatten uns zu Weihnachten mal schön frischen Fisch leisten wollen aber da kostet ein Essen 10 Dollar und mehr (für Asien ist das sehr teuer, da ist unser Backpacker Hostel mit 5 Dollar pro Nacht) wesentlich billiger als eine Mahlzeit. Es ist zum Glück ist aber noch nicht Hauptsaison deshalb ist noch alles recht leer und ruhig – ich nehme an wenn hier der Bär tanzt wird es eng. Dafür ist es allerdings auch schweinekalt – ok wir sind jetzt seit 3 Monaten in 30 bis 35 Grad unterwegs gewesen, aber vor allem nachts frieren wir uns hier alles ab. Es ist so um die 9 Grad, es gibt keine Heizung und die Fenster sind nicht dicht und dann haben wir auch nur eine sehr dünne Sommerdecke  - zum Glück haben wir 2 Betten im Zimmer und ich habe die Decke von dem freien Bett noch dazu geholt und wenn’s ganz schlimm wird lege ich die Motorradjacke noch drauf. Ist mal wieder typisch – in der Mongolei hatten wir den kältesten und nassesten Sommer seit Jahrzehnten und hier den kältesten Winter seit langer Zeit.

Wir igeln uns also in unserem  Zimmer ein, schlemmen Leckereien, die wir uns in einem kleinen Laden gegenüber gekauft haben und sehen uns Filme auf einem englischsprachigen Spielfilmkanal an. Es läuft unter Anderem Tomb Raider und wir machen uns einen Spaß daraus, die einzelnen Tempel, die wir ja alle vor kurzem erst besucht haben zu idendifizieren und wehmütig denke ich an Kambodscha, die netten Menschen dort und das warme Wetter.

Ab und zu schlendern wir die Promenade entlang, genießen einen leckeren vietnamesischen Kaffee mit gesüßter Kondensmilch und gönnen uns ein paar Rückenmassagen in der Hoffnung, dass Kevin sich bald wieder bewegen kann

Am 2. Weihnachtsfeiertag kommen wir dazu,  unsere Weihnachtstelefonate mit der Familie zu machen. Skype funktioniert zwar hier mit dem langsamen Internet nicht aber mit Skype ein Festnetz anrufen – das kostet uns einen Euro die Stunde – endlich mal ein Schnäppchen. Wir telefonieren mit jedem so richtig lange und ich merke schon, dass mir - wenn ich auch keine Minute unseres Abenteuers missen möchte – die Heimat, Familie und Freunde doch sehr fehlen.

Johan hat schon die nächsten Probleme mit seinem Roller – die Gabeldichtungen sind hin und das ganze Öl ist rausgespritzt – nach 2 Anläufen in einer Werkstatt scheinen sie es gerichtet zu haben. Motorradwerkstätten gibt es hier an jeder Ecke und witzigerweise ist das erste vietnamesische Wort, dass wir lernen Xe Mai (Motorradwerkstatt)

Für unseren letzten Tag im Jahr 2013 haben wir uns etwas Besonderes vorgenommen – wir investieren 20 Dollar pro Person für eine ganztägige Bootsfahrt durch Halong Bay.

Morgens treffen wir uns mit Tessa und Alex, die wir in Hanoi beim Motorradkauf kennengelernt und hier wieder getroffen haben zu einer Tasse vietnamesischem starken Kaffe mit gesüßter Kondensmilch (normal hasse ich süßen Kaffee – ich werde wohl völlig verändert von dieser Reise zurück kommen) und dann geht es los. Auf dem Boot ist schon alles voll, man hatte uns gesagt, es sei eine 15 köpfige Gruppe – da muss ich wohl schielen – und da kein Sitz mehr frei ist klettern wir auf das obere Deck und setzen wir uns halt auf den Boden. Es scheint zwar die Sonne, aber alles hängt noch im dichten Morgendunst. Hoffentlich bleibt das nicht den ganzen Tag so, schließlich würden wir ja schon auch gerne vom Weltkulturerbe Halong Bay etwas sehen.  Zum Glück hat das Wetter ein Einsehen und der Dunst lichtet sich im Laufe des Vormittags und so bekommen wir die schönsten Ausblicke auf die tausende von Felsen und kleinen Inseln, die hier aus dem Meer ragen. Schade, dass so viel Müll im Meer herumschwimmt und auch teilweise so viel Öl und Diesel, dass man es riechen kann. Es ist halt eben nichts im Leben perfekt.

Überall sind kleine vietnamesische Ruderboote unterwegs – es wird gefischt und es gibt auch unzählige Fischfarmen in den vielen Buchten verteilt – da gibt es Einiges zu knipsen und alle auf dem Boot sind vor Staunen und bewundern sehr still.

Mittags laufen wir eine kleine Insel an und dürfen durch ein Höhlensystem klettern. Ich hab schon Angst, dass ich durch einige der engen Durchlässe gar nicht durchkomme, aber ich kann stolz behaupten, dass ich mit den ganzen schlanken jungen Leuten mithalten kann!  Wir erkunden die kleine Insel mit einem glasklaren Teich in der Mitte und Tropfsteinhöhlen – ich habe diese Art von klettern und erforschen schon als Kind geliebt. Zurück auf dem Boot gibt es Mittagessen : verschiedene vietnamesische Fischgerichte mit einer Art Fisch, den keiner von uns kennt und Tintenfisch – sehr lecker. Außerdem die besten Frühlingsrollen, die ich jeh hatte.

Der größte Teil der Gruppe isst unter Deck am Tisch, aber es ist nicht für alle Platz und so dürfen wir oben al fresco mit einer Gruppe Spanierinnen essen und ich wage zu behaupten, dass wir es wesentlich mehr genießen, als die Sardinen unten. Wenn man gemeinsam im Schneidersitz auf dem Boden sitzend ein Mahl geteilt hat, dann freundet man sich auch an und so unterhalten wir uns prima mit den Damen aus Spanien, Tessa ausHolland und Alex aus Puerto Rico (oder war es Costa Rica? Kann das nie auseinanderhalten)

Nächster Halt ist an einem der Hausboote, wo wir alle ins Kajak klettern dürfen, um ein paar Buchten und Höhlen, die das Meer geformt hat auf diese Weise zu erkunden und wieder überrasche ich mich selbst – ich komme ohne Probleme ins Kajak und falle auch nicht einmal raus – Kev und ich sind auch hier ein gutes Team, es macht riesen Laune, obwohl wir natürlich pitschnass beim Paddeln werden und wir stellen uns überraschender Weise geschickter an, als manche der fitteren jungen Leute.

Wir kreuzen noch eine ganze Weile entlang der vielen Buchten, bis wir mal wieder in einer anhalten und ankern – wir dürfen hier schwimmen gehen – allerdings ist es den meisten (auch mir) zu kalt um von einem Boot aus ins Wasser zu springen – Kevin allerdings riskiert den plötzlichen Herztod und macht mit (nachher wird er sicher wieder über seinen Rücken klagen). Nach dem nassen Vergnügen, wobei das Schnorcheln, das ich persönlich gerne mal versucht hätte ausfällt kreuzen wir zurück. Tessa hat eine Flasche Wodka dabei, die die Runde macht und wir ein paar Dosen Bier im Rucksack und so genießen wir etwas angeheitert die Rückfahrt und den Sonnenuntergang – was für ein schöner letzter Tag  für 2013.

Im Hafen angekommen will jeder erst mal zum Aufwärmen und Duschen ins Hotel, aber wir verabreden uns für später mit der internationalen  Gruppe, um das Ende des Jahres noch gemeinsam zu feiern.

Wir treffen uns alle an der Promenade und gehen erst mal was essen und anschließend in eine der wenigen Bars, die allerdings pickepacke voll und laut ist. Kurz vor 12 werden wir dann von den Spaniern eingeladen, auf ihre Art das Neue Jahr zu beginnen : normalerweise muss man zu den 12 Schlägen zu Mitternacht je eine Weintraube essen (was eine recht hektische Angelegenheit ist), aber wir haben keine Weintrauben – nur Bananen. Wir gehen also gemeinsam ins Hotel von einem der Spanier, schnippeln hektisch 6 Bananen in genügend Stückchen für 8 Leute und dann suchen die Spanier auf ihren  Smartphones eine Aufzeichnung der 12 Glockenschläge, zu denen wir uns dann die Bananen in den Mund stopfen . Wir sind zwar eine Viertelstunde zu spät, aber die Spanier meinen, das macht nichts – Spanier seien eh immer etwas zu spät (hätte ich persönlich nie behauptet) – es macht ja auch wirklich nichts – zu Hause ist ja noch lange nicht Mitternacht!

Anschließend soll es zurück in die Bar gehen, aber bei Kevin und mir macht sich nun doch das Alter bemerkbar – wir sind ziemlich geschafft, die Knochen schmerzen, wir haben einen im Te und können außerdem dem lauten Gedränge nichts mehr weiter abgewinnen. So verabschieden wir uns hier um glücklich und zufrieden ins Bett zu fallen.

Der 2. Januar ist unser letzter Tag auf Cat Ba. Wir wollen uns noch ein wenig auf der Insel  umschauen, die Fährverbindung nach Halong ausloten und dann schon mal packen. Morgens beim Frühstück treffen wir auf das nette Spanische Pärchen, das wir schon im Bus von Siem Riep nach Saigon kennengelernt haben. Auch sie wollen Morgen hier wieder weg und so verabreden wir uns zum Abendessen. Wir schnappen uns anschließend unsere kleinen Mopeds und drehen eine Runde um die Insel. Zuerst fahren wir bis zum Fährhafen, der insgesamt irgendwie recht trocken aussieht. Laut Plan sollen täglich 3 Fähren von hier nach Halong Bay gehen, aber wir erfahren, dass zur Zeit die Mittagsfähre nicht geht – eben wegen der Ebbe. Also bleibt uns nur entweder die Fähre um 9 Uhr morgens oder die um 4. Da wir allerdings nicht in Halong übernachten wollen, was wir tun müssten, wenn wir die 4 Uhr Fähre nehmen, beschließen wir, uns morgen früh aus dem Bett zu rappeln und die frühe Fähre nehmen. Es gibt hier nicht allzu viele Straßen und so haben wir das Eiland recht schnell umrundet und sind wieder in dem Ferienort. Gerade als wir ankommen kommt auch Alex mit seinem Moped um die Ecke – wir erfahren, dass er Probleme mit seiner Kette hat, die ihm wohl dauernd abspringt und das er und Tessa deswegen auch erst Morgen hier abreisen. Wir schicken Alex zu der Werkstatt, bei der auch Johan schon mal mit seinem Moped war und laden ihn und Tessa ebenfalls zu dem gemeinsamen Abendessen ein.

Wir treffen alle um 19 Uhr in der Bar die direkt neben unserem Guesthouse ist und tingeln dann zu einem der günstigeren Restaurants. Das Bestellen ist wie immer eine Aktion und fast jeder bekommt irgendetwas anderes, als er glaubt bestellt zu haben. Wir finden heraus, das Alex und Tessa morgen in die gleiche Richtung fahren, also beschließen wir, dass wir auch genauso gut zusammen fahren können. Nach einer unruhigen Nacht (ich hab schon immer schlecht geschlafen, wenn ich wusste, dass ich nicht verschlafen darf) quälen wir uns um 7 aus dem Bett, packen die letzten Kleinigkeiten und verzurren alles auf dem Motorrad. Wir haben sogar noch genug Zeit für eine Tasse Kaffee auf dem Weg und treffen dann noch die beiden Spanier, die in ihren Bus in Richtung Hanoi steigen. Die Fähre kommt etwas verspätet an und ich habe meine Schwierigkeiten, Tickets für 3 Personen und 2 Motorräder zu kaufen – ich ende mit 5 Tickets, während die anderen immer nur 1 Fahrkarte für sich und das Motorrad haben – zusammen mit Johan bringe ich dann 2 Scheine wieder zurück und bekomme sie auch anstandslos erstattet – die sind die doofen Touris wohl gewöhnt.

Die Überfahrt dauert eine Stunde und wir kommen noch einmal in den Genuss, der wunderschönen Bucht mit ihren Tausenden von Felsen und kleinen Inselchen, alles in Morgennebel getaucht. Bloß schade, dass die vielen verschiedenen Grauschattierungen auf den Bildern nicht so schön rauskommen. Auf der anderen Seite angekommen brauchen wir ein paar Anläufe, bis wir uns in die richtige Richtung orientiert haben, zu sehen gibt es hier allerdings nicht allzu viel. Tessa ist der Verkehr etwas unheimlich und ich bereue schon nach 20 Km, dass ich mir nicht ein eigenes Moped in Hanoi geleistet habe, ich habe kaum Platz, der Sitz ist völlig ausgenudelt und so rutsche ich alle paar Minuten hin und her, weil mir schon jetzt das Sitzbrötchen schmerzt – es fühlt sich an, als ob ich einen Krampf in einer Pobacke hätte. Das kann ja noch heiter werden, immerhin muss ich noch mindestens 3000 Km auf dem Ding aushalten!

Nach ca 45 Km wird die erste Pinkelpause gemacht und ich freue mich wie ein Schneekönig, von dem harten Teil runterzukommen und meinem Allerwertesten etwas druck- und stoßfreie Erholung zu verschaffen.  Wir fahren wieder los und schon nach wenigen Minuten hält Alex an, weil mit seinem Motorrad irgendwas nicht stimmt – wir beschließen, so bald wie möglich wenn es geht bei einer Werkstatt und Tankstelle zum Mittagessen zu halten und auf der Kuppe des nächsten Berges sieht es so aus, als ob dort so was wie ein Truck-Stopp wäre – mit einem himmlisch duftenden Restaurant nebenan. Es stellt sich heraus, dass es weder eine Tankstelle noch eine Werkstatt gibt, aber wir haben Hunger und da Johan nun trocken gefahren hat, schwingt sich einer von den Einheimischen auf seinen Roller und holt ihm Benzin während wir versuchen, etwas zu Essen zu bestellen. Dies ist die übliche Tortur und so deuten wir am Ende einfach, dass wir das Gleiche haben möchten, wie die Leute am Nachbartisch, aber wir schaffen es einfach nicht, herauszufinden, was es denn am Ende kosten wird.

An einem Nebentisch scheint eine Gruppe Vietnamesen etwas zu feiern – sie stoßen permanent an und sind recht angedüdelt. Am nächsten Tisch sitzt ein junger Europäer, der dann auch gleich zu uns herüber kommt – er ist schon seit 27 Monaten mit seinem Fahrrad unterwegs und das von London aus – er hat meine Hochachtung. Robb (so heißt der junge Mann) freut sich wie ein Kind, endlich mal wieder englisch reden zu können und wir unterhalten uns gegenseitig mit Reiseerlebnissen. Er will in die entgegengesetzte Richtung wie wir, aber insgesamt auch nach Australien und so tauschen wir E-Mailadressen aus – man weis ja nie, vielleicht kreuzen sich unsere Wege ja noch einmal.

Nach dem zugegebenermaßen köstlichen Mahl, das aber auch entsprechend kostet und so eigentlich in kein Budget passt wollen wir losfahren, doch nun müssen wir erst mit den Vietnamesen anstoßen. Jeder bekommt einen Schnaps in die Hand gedrückt, dann müssen wir noch unsere Fotosession mit Robb machen und kaum sind wir wieder unterwegs, da fängt Alex Hinterrad an zu blockieren. Mit Ach und Krach schaffen wir es bis in den nächsten Ort, wo innerhalb von Minuten die Radlager ausgetauscht werden. Die Reparatur inklusive der 2 neuen Lager kostet 5 Dollar. Wir sind recht schnell von Kindern und Einheimischen umzingelt und obwohl wir kein Wort verstehen haben alle ihren Spaß. Kevin mit seinem Rauschebart sorgt für allgemeine Erheiterung - hier sieht man selten jemanden mit Bart und so scheint dies schon recht sensationell zu sein.

Überhaupt sind die Menschen hier im Norden des Landes und abseits der Touristenzentren wesentlich freundlicher und hilfsbereiter als wir es bisher erlebt haben. Hier werden wir überall freundlich gegrüßt und jeder, der mit uns spricht heißt uns willkommen und wünscht uns eine schöne Zeit in diesem Land.

Nach der Reparatur schaffen wir gerade einmal 10 Km, da fängt Alex‘ Motorrad schon wieder an zu trudeln. Johan und Tessa sind verschwunden, wir halten mit Alex. Das Hinterrad eiert gewaltig, die Kette ist abgesprungen und die Bremstrommel qualmt. Alex ist am Boden zerstört und spielt nun mit dem Gedanken, wieder nach Hanoi zu fahren und das Moped zurückzubringen. Ich bleibe bei ihm und helfe schieben während Kevin  versucht, die Beiden anderen zu finden.

Nach einer Weile kommen alle wieder bei uns an – im Schlepptau ein Belgisches Pärchen mit einem richtigen Motorrad.

Die beiden sind schon 2 ½ Jahre unterwegs und mit ihrem Gefährt über Laos eingereist – ohne Probleme! Ich könnte mir in den Hintern beißen – ich vermisse unsere Liza wie verrückt und Vietnam kann so schön sein, wie es will – ich kann es nicht erwarten, bis wir wieder in Kambodscha sind und unser eigenes Motorrad wiederhaben. Während Alex weiter zum nächsten Ort schiebt (es geht hier jetzt bergab) halten wir ein Schwätzchen mit den Belgiern, die auch nach Cat Ba wollen und auf dem Weg in Richtung Australien sind – vielleicht treffen wir uns ja auch noch mal.

Im nächsten Ort finden wir auch Alex wieder – er wartet in einer Werkstatt darauf, dass sich jemand sein Motorrad anschaut. Es scheint, als ob es in seinem Hinterrad 3 Lager gibt – das 3. Lager kommt in Einzelteilen herausgefallen, als man das Rad abschraubt – nach einer weiteren Reparatur – diesmal für 3 Dollar und mit Einbau eines neuen Lagers und einer neuen Achse scheinen endlich fürs Erste die Probleme behoben zu sein.

Wir haben nun so viel Zeit gebraucht, dass wir beschließen. uns im nächsten größeren Ort eine Bleibe zu suchen und Morgen dann in alter Frische weiterfahren.

Wir haben heute ganze 128 km geschafft – was solls – wir sind ja schließlich auf Abenteuer – nicht auf Urlaub.